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# taz.de -- Radprofis ohne Olympia: „Das kennt kein Sportler“
> Bahnradfahrerin Emma Hinze wollte als Weltmeisterin zur Olympiade nach
> Tokio fahren. Nun muss sie weiter trainieren, vielleicht vier Jahre lang.
Bild: Emma Hinze siegte bei der WM in Berlin am 1. März 2020
Es war Ende Februar. Und auch wenn bereits die ersten Ortschaften in der
Lombardei wegen des grassierenden Coronavirus abgeriegelt waren, so galt
Covid-19 in Berlin noch als chinesisches Problem. Die Bahnrad-WM im
Berliner Velodrom jedenfalls ging ohne jede Einschränkung über die Bühne.
Vor allem weil das chinesische Team die Wochen vor der WM in der Schweiz
trainiert hatte, machte man sich keine größeren Sorgen.
Als dann auch noch die 22-jährige Emma Hinze zu drei Titeln gerast war,
klatschten sich wildfremde Menschen auf den Tribünen ab. Bilder aus einer
vergangenen Zeit.
Im Keirin, im Sprint und im Teamsprint mit den Kolleginnen Pauline Grabosch
und Lea Sophie Friedrich gewann [1][Emma Hinze Gold]. Aus einer
Spitzensprinterin war eine Favoritin auf mindestens einen Olympiasieg
geworden. „Aufregend“ seien die Tage von Berlin gewesen. „Es war einfach
total viel“, erinnert sie sich. Dass Publikum, die Stimmung, es sei einfach
unglaublich gewesen. „Und dass das dann auch so gut geklappt hat, kann ich
immer noch nicht so richtig fassen.“ Es war der optimale Rückenwind für die
Olympischen Spiele im Sommer darauf. Ist der nun abgeflaut?
Die nächste WM ist erst im Oktober 2021. Wenn es also wirklich klappt mit
den Spielen im nächsten Sommer, dann fahren die deutschen Sprinterinnen als
Weltmeisterinnen nach Tokio. „Das kann dann schon noch beflügeln“, glaubt
Emma Hinze.
Sie kann sich noch gut erinnern an das Gefühl der Leere, das in ihr
aufstieg, als endlich feststand, dass die Spiele verschoben werden. Das
große Ziel fehlte plötzlich. Am Olympiastützpunkt in Cottbus konnte sie
zwar beinahe ohne Pause weitertrainieren, allein zunächst und unter
besonderen Hygienebedingungen, wie sie sagt. Schwierig sei das gewesen.
„Dass man nicht weiß, wie es letztlich ausgeht, das kennt kein Sportler.“
## Erst Sportinternat, dann Olympiastützpunkt
Was blieb, war trainieren. Die Ziele musste sie sich selbst setzen, ob im
Kraftraum, auf der Straße oder auf der Bahn. Und wenn wieder Nachrichten
kommen darüber, dass es vielleicht doch nichts wird mit Olympia im nächsten
Jahr, dann war es auch ihr Trainer Aleksander Harisanow, der sie immer
wieder darauf hingewiesen hat, wie jung sie doch noch ist. Natürlich hofft
sie, dass es klappt mit den Spielen 2021. „Wenn es nichts wird, dann
versuchen wir es in vier Jahren einfach noch einmal.“
Sie und ihre Mitsprinterinnen, die 22 Jahre alte Pauline Grabosch und die
20-jährige Leo Sophie Friedrich, wissen, dass ältere Sportlerinnen das
anders sehen müssen.
Wie es bei Olympischen Spiele zugeht, das weiß Emma Hinze schon. Als
18-Jährige war sie als Ersatzfahrerin bei den Bahnwettbewerben von Rio de
Janeiro dabei. „Damals war es noch okay, den anderen nur zuzusehen“,
erinnert sie sich. Sie selbst sei noch nicht reif gewesen damals. Aber
spüren konnte sie schon, wie besonders Olympische Spiele sind, wie erst es
zugeht in der Vorbereitung, wie nervös alle Beteiligten sind,
Sportlerinnen, Trainer, Funktionäre.
Bis dahin hatte sie schon [2][viel geopfert für den Radsport]. Ist von
Hildesheim ins Internat nach Kaiserslautern gegangen, nachdem ein Trainer
von ihrer Sprintbegabung überzeugt war. Da war sie noch keine 16. Ob das
schwer gewesen sei? „Für meine Eltern ist das alles sicher ein bisschen
spontan gewesen“, erzählt sie. Ihr selbst habe das wenig ausgemacht. „Man
wird ja auch selbstständiger, wenn man sich um alles selber kümmern muss“,
sagt sie.
Bald darauf ist sie nach Cottbus gegangen, um sich am dortigen
Olympiastützpunkt mit den besten Juniorinnen des Landes in Richtung
Spitzensport aufzumachen. In Rio hat sie gespürt, was es braucht dafür. „Du
kannst nicht einfach sagen, ich will bei Olympia starten. Du musst bereit
sein.“
Das ist sie. Seit Emma Hinze in der Elite startet, holt sie Medaillen bei
Welt- und Europameisterschaften und Weltcups. Zurzeit bleibt ihr das
verwehrt. Im Ganzjahressport Bahnradfahren, in dem im Sommer wie im Winter
um Punkte für die Rankings gefahren wird, ist die gegenwärtige
Wettkampfpause besonders merkwürdig. Im September soll es eine deutsche
Meisterschaft gebe. Es geht also wieder los. Emma Hinze kann wieder machen,
was sie so gern tut: sich Ziele setzen.
23 Jul 2020
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5667010&s/
[2] https://www.youtube.com/watch?v=ZOs2nOdYk1M
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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