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# taz.de -- Schutz in Bremer Geflüchtetenheimen: Wer nicht prüft, der findet …
> Der Senat sieht den Gewaltschutz für Geflüchtete auch ohne genaue
> Kontrolle gewährleistet. Betroffene und der Flüchtlingsrat widersprechen
> deutlich.
Bild: Auch im Frühjahr 2020 bei Protesten gegen die Lindenstraße wurden Über…
Bremen taz | Anders als Geflüchtete und Flüchtlingsorganisationen sieht
Rot-Grün-Rot keine größeren Probleme mit dem [1][Gewaltschutz in
Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete] in Bremen. Das geht aus einer
Antwort des Senates auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Das
Sozialressort kontrolliert diesen Schutz aber auch nur punktuell, wie der
Senat einräumt.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik zählt für 2019 in Bremen insgesamt 41
Straftaten, die im Zusammenhang mit Erstaufnahmeeinrichtungen und
Übergangswohnheimen stehen, vor allem solche gegen die sexuelle
Selbstbestimmung sowie Rohheitsdelikte, also Körperverletzung, Bedrohung
oder Nötigung. Rund zehn Prozent dieser Gewalttaten gehen dem Senat zufolge
auf Security-Mitarbeiter:innen zurück.
2020 zählte die Polizei in Bremen 36 einschlägige Straftaten – und für
keine einzige davon war die Security verantwortlich, so der Senat. In
Bremerhaven gab es laut Senat weder 2019 noch 2020 Gewalt, die von der
Security ausging. Wie hoch die Dunkelziffer an Vorfällen ist, die gar nicht
erst in diese Statistik eingeht, ist vollkommen unklar.
Seit 2016 hat Bremen ein Gewaltschutzkonzept für Geflüchtetenunterkünfte –
das Sozialressort überprüft die Arbeitsweise dort aber nicht flächendeckend
– Verdachtsfällen werde aber „unverzüglich nachgegangen“, sagt der Sena…
Auch würden die Security-Mitarbeiter:innen nur „stichpunktartig und
anlassbezogen“ auf ihre Qualifikation geprüft.
Eine Frau, die schwanger und mit zwei Kindern aus Kenia nach Bremen kam,
sagte der taz indes: Die Security der Arbeiterwohlfahrt in der Erstaufnahme
in der Lindenstraße [2][„hat uns wirklich schlecht behandelt, da gab es
viel Missbrauch und Rassismus], ich möchte das gar nicht alles erzählen“.
Ihre Kinder hätten sich vor dieser Security „immer gefürchtet“ und seien
auch deshalb traumatisiert, so die 39-Jährige, die beinahe ihr Kind
verloren hätte, weil ihr während der Quarantäne der Gang zur Frauenärztin
verweigert worden war.
## Ein Zögern, Gewalt zu melden
Geflüchtete hätten „häufig Angst, ein übergriffiges, herabwürdigendes
Verhalten von Securitys zu melden“, sagt Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat
– „und die, die es tun, müssen häufig die Erfahrung machen, dass ihnen
nicht geglaubt wird oder sie deswegen weiteren gewaltvollen Handlungen der
Securitys ausgesetzt sind.“
Oerter sieht hier „ein Problem von strukturellem Rassismus“, das auch aus
der Polizei oder der Feuerwehr bekannt sei. Auch Klient*innen des
Behandlungszentrums für Flüchtlinge und Folteropfer „Refugio“ berichten
„vereinzelt“ von Erlebnissen, scheuten oder schämten sich aber, dies zur
Anzeige zu bringen, so die therapeutische Leiterin Ingrid Koop: „Ihnen
fehlt es oft an Vertrauen.“
Mehr als drei Viertel aller Geflüchteten aus Syrien, dem Irak oder
Afghanistan haben unterschiedliche Formen von Gewalt erlebt und sind
dadurch [3][laut der AOK] „oft mehrfach traumatisiert“. Ein wiederholtes
Erleben oder unfreiwillige Zeug:innenschaft von Gewalt in
Gemeinschaftsunterkünften erhöhe die Gefahr der (Re-)Traumatisierung und
könne „eklatante psychische Folgen“ haben, so Refugio.
Die Bewohner*innen der Geflüchtetenunterkünfte in Bremen werden aber
nicht einmal über ihre Grundrechte aufgeklärt, gibt der Senat zu – das
finde erst in den Integrationskursen statt. Die Geflüchteten hätten sich
selbst eigenständig über ihre Rechte aufzuklären, findet Rot-Grün-Rot, so
„wie alle anderen Bürger Bremens“.
Des Weiteren behauptet die Landesregierung, dass es keine Zimmerkontrollen
gebe, bei denen sich etwa Security-Mitarbeiter:innen ungefragt Zugang in
bewohnte Zimmer verschafften. So etwas gebe es nur bei „Gefahr im Verzug“,
also etwa im Brandfall.
## Zimmerkontrollen und Meldepflicht
Dabei hatte der Flüchtlingsrat im Dezember dokumentiert, wie Geflüchtete in
Übergangswohnheimen mit täglichen Zimmerkontrollen traktiert und sogar mit
dem Rauswurf bedroht werden, sollten sie sich einmal über 24 Stunden nicht
beim Wachpersonal melden. [4][Gehandelt wurde dabei auf Anweisung aus dem
Ressort der grünen Sozialsenatorin Anja Stahmann], so der Flüchtlingsrat.
Schon die beengte und erzwungene Unterbringung selbst sei „gewaltförmig“,
sagt der Flüchtlingsrat. Das zeige sich etwa in der fortgesetzten
Überbelegung der Erstaufnahme und der damit verbundenen erhöhten
Infektionsgefahr.
Zwar sieht das Gewaltschutzkonzept von 2016 eine neutrale Beschwerdestelle
vor. De facto gibt es die aber noch immer nicht. Die Sozialdeputation der
Bürgerschaft hat deshalb Sozialsenatorin Stahmann vergangenen Sommer
beauftragt, bis Ende 2020 zumindest ein Konzept dafür zu erarbeiten. Noch
immer liegt es nicht vor, im Februar steht das Thema aber zumindest wieder
auf der Tagesordnung der Deputation.
21 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2021-01-12_Drs-20-773_38087.…
[2] /Archiv-Suche/!5736235&s=jan+zier&SuchRahmen=Print/
[3] https://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2018/index_21228.html
[4] /Bremen-drangsaliert-Gefluechtete/!5737425
## AUTOREN
Jan Zier
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Geflüchtete
Lindenstraße
Erstaufnahme
Security
Sexuelle Gewalt
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Bremen
Schwerpunkt Coronavirus
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