# taz.de -- Wettbewerbgewinnerin aus Schweden: Filme auf einsamer Insel | |
> Eine Woche darf Lisa Enroth vor der schwedischen Küste das Programm des | |
> Göteborger Filmfestivals alleine genießen. Ihr gefällt's. | |
Bild: Lisa Enroth auf der Insel Hamneskär | |
STOCKHOLM taz | „Die Sonne wärmt richtig gut“, freut sich Lisa Enroth | |
sichtlich entspannt vor strahlend blauem Himmel im zweiten Teil ihres | |
[1][Videotagebuchs]: „Hier ist es so schön.“ Die 41-jährige | |
Krankenschwester aus dem westschwedischen Skövde ist die Gewinnerin eines | |
ganz besonderen Wettbewerbs für Hardcore-Kinofans. | |
Den hatte die Leitung des Göteborger Filmfestivals ausgeschrieben. Wegen | |
der Pandemie findet es in diesem Jahr digital statt. Passend dazu wählte | |
man „Soziale Distanz“ zum übergreifenden Thema: „Die neue Welt, die im Z… | |
der Pandemie entstanden ist, und die Rolle des Films in dieser neuen Welt.“ | |
Zusätzlich hatte man die Idee, wenn schon nicht wie sonst Tausenden, so | |
doch wenigstens einem Kinofan ein „richtiges“ Filmerlebnis zu präsentieren. | |
Und zwar nicht in einem gewöhnlichen Kinosaal, sondern in einem isolated | |
cinema: auf der winzigen kargen Insel Hamneskär vor der schwedischen | |
Westküste. | |
Dort, auf der geografischen Grenzlinie zwischen den Meeresgebieten des | |
Kattegats und des Skagerraks, steht der Leuchtturm „Pater Noster“, 1868 aus | |
Eisen errichtet. Starke Meeresströmungen und verräterische Untiefen wurden | |
hier in der Vergangenheit vielen Schiffen zum Verhängnis. Ob der Pater | |
Noster seinen Namen wegen der Seeleute bekam, die hier in der Hoffnung, | |
diese Passage heil zu überwinden, ein Vaterunser beteten, oder weil in | |
seiner Nähe die Schäreninseln wie auf einer Perlenschnur aneinandergereiht | |
liegen, darüber sind sich die Experten uneinig. | |
Man suche jemand, „der sich der Herausforderung stellen möchte, eine Woche | |
in sozialer Isolation“ zu verbringen: an „einem abgelegenen Ort auf See, | |
weit weg von Familie, Freunden und Mobiltelefon“, hieß es in der | |
Presseerklärung, die die Festivalleitung am 4. Januar veröffentlichte. | |
Einzige Gesellschaft werde „der Lärm des Meeres sein – und die | |
Festivalfilme“. Das Echo war enorm. Aus aller Welt kamen Bewerbungen, | |
insgesamt über 12.000. | |
Totale Isolation wichtiger Aspekt bei Auswahl | |
Bei dem aus Interviews und Tests bestehenden Auswahlprozess war die | |
psychische Belastung, die eine totale Isolation mit sich bringt, ein | |
wichtiger Aspekt. „Lisa machte schon mit ihrem Brief einen starken | |
Eindruck“, sagt Festivalchefin Mirja Wester. Der Eindruck habe sich im | |
Gespräch verstärkt. Und „dass sie auch noch eine der [2][Helden des | |
Gesundheitswesens] ist, die täglich gegen Covid-19 kämpfen, macht die Sache | |
in diesen Zeiten ja noch besser“. | |
Ihre Arbeit in der Abteilung für akute Fälle des Krankenhauses in Skövde | |
habe ihr im Laufe der Monate „regelrecht die Energie entzogen“, erzählte | |
Enroth. Dass sie – Mitglied eines lokalen Filmklubs am Heimatort – in ihrem | |
isolated cinema eine Woche lang Filme genießen könne, sei „ganz einfach ein | |
wahnsinniger Spaß“: „Endlich kein Stress mehr.“ | |
Auch nicht bei dem Festivalprogramm mit 70 Filmen, das sie zur Auswahl hat. | |
„Gestern hab ich nur zwei geguckt“, berichtete sie am Montag. Einer davon | |
sei der deutsche Beitrag [3][„Undine“] gewesen: „Den hätte ich nicht all… | |
sehen sollen. Da umarmen sie sich ständig. Wie ich Umarmungen vermisse.“ | |
1 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://goteborgfilmfestival.se/the-isolated-cinema/ | |
[2] /Pflegekraefte-in-der-Coronakrise/!5727967 | |
[3] /Christian-Petzold-ueber-seinen-Film-Undine/!5692777 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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