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# taz.de -- Rassismusstreit um Martin Sonneborn: Nicht mehr witzig
> Nico Semsrott verlässt „Die Partei“. Anlass: der Umgang des Parteichefs
> mit Rassismus-Vorwürfen. Sonneborn reagiert selbstkritisch.
Bild: Nico Semsrott, EU-Abgeordneter und Kabarettist verlässt „Die Partei“
Berlin taz | Jetzt sind es nur noch zwei: [1][Der Kabarettist und
EU-Abgeordnete Nico Semsrott] verlässt die Satirepartei „Die Partei“,
behält aber seinen Sitz im Parlament. Grund für den Austritt sind
Rassismus-Vorwürfe gegen Parteichef Martin Sonneborn und dessen Umgang
damit. Damit bleiben der Partei nur noch zwei Parlamentsmandate: das von
Sonneborn selbst in Brüssel und das des Bundestagsabgeordneten und
Ex-Sozialdemokraten [2][Marco Bülow, der erst im Herbst in „Die Partei“
eingetreten ist].
Anlass für die Kritik an Sonneborn war ein Foto, das Sonneborn in der
vergangenen Woche getwittert hatte. Auf dem Bild trägt er ein T-Shirt mit
der Aufschrift: „Au Widelsehern, Amlerika! (...) Plinted in China für Die
PALTEI“. Das sollte eine Anspielung auf Donald-Trump-Fanartikel sein, die
trotz dessen anti-chinesischer Politik in China hergestellt wurden – aber
auch auf vermeintliche Sprachfehler chinesischer Menschen.
Auf den Vorwurf des anti-asiatischen Rassismus, den daraufhin unter anderem
Betroffene erhoben, reagierte Sonneborn pampig. Seinen Tweet löschte er
zwar. Inhaltlich kommentierte er die Kritik aber nur mit schnippischen
Kommentaren wie „Satire setzt Denkanreize“, „Ich gehe jetzt Schlitten
fahren“ und „Tschaui“.
[3][Semsrott kritisierte in seiner Austrittserklärung], die er am Mittwoch
veröffentlichte, in erster Linie Sonneborns „ignoranten Umgang mit
Feedback“. Er schrieb: „Wenn sich Menschen von seinen Postings rassistisch
angegriffen fühlen, muss er nicht viel tun. Es reichen Mitgefühl und der
Respekt vor den Betroffenen, um das eigene Verhalten zu korrigieren.“ Und
weiter: „Ich finde seine Reaktion auf die Kritik falsch und inakzeptabel.
Das ging mir in der Vergangenheit schon in anderen Fällen so. Daraus ziehe
ich jetzt meine Konsequenzen.“
## Keine Diskussion
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass Sonneborn rassistische
Klischees bedient und Kritik daran abblockt. Auf einem Wahlplakat war er im
Jahr 2011 mit einem schwarz geschminkten Gesicht und dem Spruch „Ick bin
ein Obama“ zu sehen. Der Berliner Zeitung sagte er im vergangenen Jahr in
einem Interview: „Auch wenn ich das heute nicht wiederholen würde, finde
ich die Aktion immer noch in Ordnung. Ich bin kein Rassist.“ Über
entsprechende Vorwürfe diskutiere er nicht.
Am Mittwoch Abend reagierte er selbstkritischer. [4][In einer Stellungnahme
schrieb er zwar], er hätte nicht gedacht, dass sich von seinem Tweet jemand
„rassistisch diskriminiert fühlen“ könnte. Aber: „Wenn ein Witz zu
rassistischer Verletzung führt, statt Reflexionsansätze zu geben oder
zumindest ein befreiendes Lachen nach sich zu ziehen, dann ist es ein
misslungener Witz.“ Es tue ihm leid, dass Menschen „durch die Reproduktion
dieser Stereotype verletzt wurden“.
Keine Stellungnahme gab es auf Anfrage zunächst von Marco Bülow. Der
Bundestagsabgeordnete war 2018 wegen inhaltlicher Differenzen aus der SPD
ausgetreten und im November 2020 in „Die Partei“ eingetreten. Der
Dortmunder möchte bei der Bundestagswahl in diesem Jahr erneut als
Direktkandidat antreten.
Dabei wollte er eigentlich auf die Unterstützung und den Rückenwind der
Satirepartei setzen. Diese hatte ihre Wahlergebnisse zuletzt auf niedrigem
Niveau ausbauen können und erzielte bei der letzten Europawahl 2,4 Prozent
der Stimmen. Besonders stark schneidet „Die Partei“ unter jungen,
männlichen und großstädtischen Wählern ab. Inhaltliche Schwerpunkte der
Partei sind neben Witzen eigentlich Themen wie der Kampf gegen Lobbyismus,
gegen Autokraten und gegen Rechts.
13 Jan 2021
## LINKS
[1] /EU-Abgeordneter-Nico-Semsrott/!5608250
[2] /Die-Partei-nun-im-Bundestag/!5729600
[3] https://nicosemsrott.eu/de/my-work/humorlose-erklarung-warum-ich-aus-die-pa…
[4] https://twitter.com/MartinSonneborn/status/1349420620220690432/photo/1
## AUTOREN
Tobias Schulze
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