| # taz.de -- Berliner Clubszene: Kollektives Ausbrechen ohne Hosen | |
| > Tanzen mit Abstand ist nicht nur im Winter eine kalte Angelegenheit. Über | |
| > fehlende Nähe und wann das Nachtleben sich wieder einspielen könnte. | |
| Bild: Demonstrierende der Kulturbranche erinnern auf ihrem zweiten Protestmarsc… | |
| BERLIN taz | Pamela Schobeß, die Vorsitzende des Dachverbands | |
| Clubcommission, macht sich Sorgen um die Clubs: „Bis das Nachtleben wieder | |
| wie vor der Krise ist, könnte es bis Ende 2022 dauern“, sagt sie der dpa. | |
| Ihre Sorge ist berechtigt, wir fragen uns wohl alle, wie es mit dem | |
| Berliner Nachtleben überhaupt weitergehen kann? | |
| Es ist ja nicht so, als könnte man sich noch an das Gefühl, in einem Club | |
| zu sein, wirklich gut erinnern. Es ist schon zehn Monate her, seit der | |
| letzte Club seine Türen geschlossen hat. Zwar wird jetzt viel gestreamt, | |
| aber alleine vor dem Laptop stehen und rumtanzen ist auch nicht das Wahre. | |
| Im Sommer konnte man zumindest noch draußen tanzen, jetzt drückt man sich | |
| eher vor der Kälte. Aber natürlich war es trotzdem nicht dasselbe. Mit | |
| Abstand feiern ist einfach nicht das Gleiche. Warum es dann überhaupt | |
| versuchen? | |
| Menschen gehen nicht nur feiern, um Musik zu hören oder den Alltag zu | |
| vergessen. Es ist auch schön, Leute kennenzulernen, die man abseits von | |
| dunklen Clubs gar nicht treffen würde. Schön kann belangloser Smalltalk | |
| sein, wie man die Musik findet, wo man danach noch hingeht, was man so zu | |
| sich genommen hat. Um dann vielleicht doch eine tiefere Ebene zu finden: | |
| was die Klänge aus den Boxen mit uns machen, das Lächeln der anderen | |
| Besucher*innen, wenn der Bass anfängt zu dröhnen. Der nette Barmann, der | |
| mit dir einen Shot trinkt, ohne dass du bezahlen musst. Mit Fremden | |
| knutschen [!] oder sich sogar ein Getränk teilen! | |
| ## Es müssen nicht mal interessante Menschen sein | |
| Die Nähe fehlt. Etwas zu erleben fehlt. Und neue Menschen kennenlernen | |
| fehlt – es müssen ja nicht mal besonders interessante sein, einfach nur die | |
| Möglichkeit dafür zu haben würde schon ausreichen. Und zwar richtig, in | |
| echt, nicht über den x-ten Zoom-Call, bei dem man auch einfach Pyjamahose | |
| tragen kann, statt sich schick zu machen. Zugegeben, in manchen Clubs | |
| braucht man gar keine Hose. Aber gemeinsames Keine-Hose-Tragen fühlt sich | |
| eben anders an, nach kollektivem Ausbrechen aus Alltagsmustern. Zu Hause | |
| wechselt mit den Hosen das Gefühl zwischen der Freiheit und der Frage, ob | |
| man sein Leben überhaupt noch im Griff hat (Karl Lagerfeld hat | |
| ausnahmsweise nichts damit zu tun). | |
| Also, was machen wir bis dahin, bis die Clubs wieder öffnen? Auf den | |
| Frühling warten, wenn wir zumindest draußen wieder tanzen können, mit | |
| Abstand, aber immerhin mit anderen Menschen zusammen, denen wir die Freude | |
| ansehen können. Wo wieder Partystimmung gespürt werden kann, bis sich das | |
| Gefühl einstellt, es endlich überwunden zu haben, wie zu Silvester 2020, | |
| als die Uhr endlich Mitternacht schlug und der erste Gedanke war: „Wir | |
| haben es geschafft!“ | |
| Und die letzten Meter schaffen wir auch noch, bis dahin müssen wir unsere | |
| Lieblingsorte mit Livestream-Spenden unterstützen. Aber ohne die bis Juni | |
| 2021 gesicherten Hilfen von Bund und Ländern geht es laut Schobeß für die | |
| Clubs nicht weiter. Und Hilfe muss auch bestehen bleiben, wenn Clubs wieder | |
| öffnen können. Nicht jede*r wird sich trauen, direkt wieder feiern zu | |
| gehen – ganz zu schweigen davon, es sich finanziell leisten zu können. | |
| 25 Jan 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Atessa Bucalovic | |
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