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# taz.de -- Digitaler Protest in Russland: Tiktok, Putin abgehängt
> Vor allem junge Russ*innen informieren sich über Apps. Dort posten sie
> auch ihren Protest. Der Kreml versucht vergeblich, Onlinekanäle zu
> schließen.
Bild: Ein Ort politischer Auseinandersetzung, mitten in Russland: Tiktok
Moskau taz | Der Neuntklässler Sergei musste sich erklären – vor dem
Schuldirektor, dem Schulsozialarbeiter, einer Angestellten der Kommission
der Jugendangelegenheiten und einem Mitarbeiter des russischen
Innenministeriums. Er sollte darlegen, warum er denn in seiner Schule in
Balaschicha bei Moskau das Porträt von Präsident Putin abgehängt habe, um
ein anderes aufzuhängen: das des Oppositionellen Alexei Nawalny. Und das
auch noch gefilmt und auf Tiktok hochgeladen habe. So berichtet es das
Onlineportal Meduza.
Die Videoplattform Tiktok war von [1][ähnlichen Videos] geradezu geflutet
worden, Sergei war nicht der einzige Jugendliche, den die Inhaftierung von
Putins Hauptgegner so beschäftigte. Unter dem Hashtag #swobodunawalnomu
[2][posteten Schüler*innen Videos], wie sie Putinporträts von den Wänden
reißen, nahmen Student*innen Szenen auf, wie sie eine
Gerichtsverhandlung führen und buchstäblich über den Gesetzen stehen,
tanzten auch mal an einer Pole-Dance-Stange in Putins angeblichem Palast am
Schwarzen Meer. Mal waren die Videos witzig, mal ernsthaft.
Mehr als eine Milliarde Mal wurden die Videos bereits angeklickt. Die
Jugend, die auch in Russland als unpolitisch verschrien ist, macht die
Spaß-App Tiktok derzeit zum Ort politischer Auseinandersetzung.
Bei Informationen setzt der Kreml seit je aufs Fernsehen – und erreicht
damit vor allem die jüngeren Generationen längst nicht mehr.
Online-TV-Sender wie Doschd schalten live zu
Antiregierungsdemonstrationen, Portale wie Meduza, Mediazona oder The
Insider berichten in Livetickern von Gerichtsverhandlungen gegen
Kreml-Kritiker*innen und greifen Themen auf, die es in Staatsmedien nicht
geben darf.
## Kreml immer einen Schritt hinterher
Auch Nawalny hatte einst auf Youtube gesetzt und hat dort bis heute seine
Sendung. Für den Austausch von Informationen nutzt man längst
Messengerdienste wie Telegram. Auch die Proteste von Samstag waren
mehrheitlich dort organisiert. In jeder Stadt gab es praktisch eine
Liveschaltung zu den als „Spaziergängen“ bezeichneten Aktionen.
Mehrfach hatten die russischen Behörden versucht, Telegram zu sperren.
Vergebens. Auch im Vorfeld der Samstagsproteste hatte die russische
Netzaufsichtsbehörde [3][Roskomnadsor Dienste wie Facebook, Twitter, Tiktok
und VKontakte gemahnt], „Informationen zu entfernen, die Minderjährige zu
rechtswidrigen Handlungen verlocken“, und mit Geldstrafen von umgerechnet
bis zu 44.000 Euro gedroht.
Manche reagierten und löschten die Seiten mit Infos zu den Protesten.
Schnell aber entstehen andere Kanäle. Die Behörden seien stets einen
Schritt hinterher, so die Bürgerrechtsorganisation [4][Roskomswoboda].
24 Jan 2021
## LINKS
[1] https://nypost.com/2021/01/22/video-of-girl-removing-putin-portrait-goes-vi…
[2] https://www.themoscowtimes.com/2021/01/21/young-russians-flood-tiktok-with-…
[3] https://www.dw.com/en/russia-pressures-tiktok-ahead-of-pro-navalny-rallies/…
[4] https://meduza.io/en/feature/2019/04/19/in-a-perfect-world-we-just-wouldn-t…
## AUTOREN
Inna Hartwich
## TAGS
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