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# taz.de -- Uganda nach der Wahl: Ängstliche Stille in Kampala
> Die Opposition bestreitet den Wahlsieg des Präsidenten. Doch ihr Führer
> Bobi Wine wird von Sicherheitskräften abgeschottet, seine Unterstützer
> gejagt.
Bild: Zutritt strengstens verboten: vor dem Haus von Oppositionsführer Bobi Wi…
Kampala taz | Seit einer Woche ist Kampala merkwürdig still. Die sonst so
geschäftige ugandische Hauptstadt, voller Farbe und Aufregung [1][vor den
Wahlen vom vergangenen Donnerstag], ist leer und angespannt, seit Präsident
Yoweri Museveni, der Uganda seit 35 Jahren regiert, am Samstag zum Sieger
mit 58,6 Prozent erklärt wurde.
Allem Anschein nach strömten mehr Menschen an die Wahlurnen als je zuvor,
doch die offizielle Wahlbeteiligung sank deutlich. Musevenis wichtigster
Herausforderer, der als Bobi Wine bekannte Musikstar Robert Kyagulanyi,
mobilisierte die Jugend gerade in Kampala zu Hunderttausenden: Sie sollten
diesmal wählen gehen – und nach der Wahl ihre Stimme „schützen“, bei den
Wahllokalen bleiben, die Auszählung der Stimmen über Handykamera
dokumentieren und damit Fälschungen verhindern. Das machten auch viele.
Doch in der Nacht vor der Wahl wurde ein kompletter Internet-Blackout
verhängt, der bis Montag andauerte. Als die [2][Wahlkommission am Samstag
Musevenis Sieg verkündete], sorgte die Lähmung der sozialen Medien dafür,
dass die Jugendlichen sich nicht zusammentun und protestierend auf die
Straße gehen konnten wie sonst. Nur Motorradtaxifahrer waren zu Hunderten
unterwegs, in gelben Museveni-Hemden, eine Art Siegesparade.
Bis heute trauen sich viele Oppositionsanhänger nicht auf die Straße. Es
gab einige wenige Versuche zu protestieren, aber zumeist außerhalb der
Hauptstadt, und jedes Mal wurden sie schnell niedergeschlagen.
## Bobi Wine ohne Kontakt zur Außenwelt
Die Menschen erinnern sich an die [3][Unruhen zum Auftakt des Wahlkampfs]
Ende November mit über 100 Toten. Auf Kampalas Straßen patrouillieren
Soldaten und Polizisten, vor allem in Oppositionshochburgen.
In Kamwokya, Bobi Wines Wohnviertel, sind alle eingeschüchtert, sagt der
26-jährige Mechaniker Gonza. „Wir hofften auf Wandel, und wir haben keinen
Wandel bekommen“, bilanziert er. „Das letzte Mal, als die Leute auf die
Straße gingen, wurden sie umgebracht. Jetzt müssen wir warten und sehen,
was unser Anführer sagt.“
Der [4][Anführer Bobi Wine kann aber nichts sagen]. Nach den Wahlen
umstellten Soldaten und Polizisten sein Haus, seit Samstag steht er unter
Hausarrest ohne direkten Kontakt zur Außenwelt. Am Dienstag versuchte
US-Botschafterin Natalie Brown, ihm Essen zu bringen, da seine Vorräte zur
Neige gehen. Sie wurde von der Polizei abgewiesen und von
Regierungsanhängern der Einmischung bezichtigt.
Am Mittwoch versuchte Bobi Wines Anwalt Muwadda Nkunyingi, zum Haus
vorzudringen, aber auch er musste an den Straßensperren umkehren. „Wir
müssen für die Freiheit unserer festgesetzten Führer kämpfen“, sagt er
hinterher und zeigt auf die Polizeisperre hinter sich. „Wir wissen nicht,
was Bobis nächste Schritte sind, weil wir keinen Zugang zu ihm haben.
Unsere Partei hat das Wahlergebnis zurückgewiesen und wird eine
Untersuchung der Wahlfälschung einleiten. Aber erst mal hat die Sicherheit
unserer Führer Priorität.“
## Unbekannte greifen Unterstützer an
Am Donnerstag werden Muwadda und andere Rechtsvertreter von Bobi Wines
Partei NUP (Plattform für Nationale Einheit) vor Gericht die Aufhebung des
„illegalen“ Hausarrests für Bobi Wine beantragen. Derweil mehren sich
Berichte, dass NUP-Unterstützer verprügelt, verschleppt oder gar getötet
werden.
Bobi Wines wichtigster Videograf, Andrew Natumanye, kam am Sonntag ins
Krankenhaus, nachdem ihn Unbekannte in der Nacht zuvor angegriffen hatten.
„Ich war zu Hause und ein paar Männer brachen ein, zogen mir eine Kapuze
über den Kopf und nahmen mich mit“, berichtet er, noch immer sichtlich
erschüttert und den Tränen nahe.
„Sie schlugen mich überall und verlangten, dass ich ihnen all meine
Ausrüstung und Speicherkarten überlasse und ihnen sage, was Bobi vorhat.
Dann merkte ich, wie sie etwas an meiner Hand befestigten, und ich
verspürte Elektroschocks quer durch meinen Körper. Ich habe jetzt starke
Schmerzen, ich hatte solche Angst.“
Was die nächsten Tage und Wochen bringen, ist völlig unklar – vor allem,
solange Bobi Wine in seinem Haus isoliert bleibt. Die meisten Menschen
hoffen einfach, dass es keine Gewalt gibt.
20 Jan 2021
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## AUTOREN
Sumy Sadurni
## TAGS
Uganda
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