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# taz.de -- Zukunft der USA: Politische Gewalt
> Was bedeuten die Ereignisse von Washington eigentlich für Joe Biden?
> Seinen Kurs der nationalen Versöhnung kann er wohl nicht weiterfahren.
Bild: Joe Biden nannte den gewaltsamen Sturm „einen der dunkelsten Tage in de…
Diskutiert wird derzeit – wieder einmal – über den noch immer amtierenden
US-Präsidenten Donald Trump, dieses Mal über den Anteil an Schuld, den er
an dem Angriff eines Mobs auf das Kapitol in Washington trägt. Ich finde,
salopp gesagt, er gehört hinter Gitter, aber mehr will ich darüber jetzt
nicht schreiben. Genug ist genug. Ein anderes Thema halte ich inzwischen
nämlich für sehr viel wichtiger: was die Ereignisse für Joe Biden bedeuten.
Sie drohen seine Präsidentschaft scheitern zu lassen. Gleich zu Beginn und
ohne dass er einen großen Handlungsspielraum hätte. Donald Trump darf sich
gratulieren.
Politische Gewalt hört nicht einfach auf, wenn sie einmal angefangen hat
und von einem nennenswerten Teil der Bevölkerung für richtig gehalten wird.
Sie endet meist erst dann, wenn die Ziele wenigstens teilweise erreicht
sind oder der öffentliche Beifall erstirbt. Das kann lange dauern.
Joe Biden hat seinen Wahlkampf unter die Überschrift der nationalen
Versöhnung und der Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg gestellt. Je
nach Standpunkt konnte man das naiv oder ehrenwert oder beides finden. Fest
steht: Die Ereignisse sind über seinen Kurs hinweggerollt und haben ihn
plattgemacht.
Die Wortführer des [1][Mobs], der das Kapitol stürmte, sind – soweit sie
bisher bekannt sind – allesamt Rechtsextremisten. Ohne gemeinsame
Organisationsstruktur, aber mit ähnlichen Überzeugungen: dass die
Vorherrschaft der Weißen gottgewollt ist, das Recht auf Waffenbesitz
unveräußerlich und dass liberale politische Ansichten das Ende der
Zivilisation bedeuten. Geltendes Recht und die Verfassung sind diesen
Leuten egal, wenn sie ihre Positionen durchsetzen wollen.
Und es geht bei dem ganzen Gerede über „legal“ und „illegal“ abgegebene
Stimmen vor allem um eines: dem afroamerikanischen Teil der Bevölkerung und
anderen Minderheiten ihr Wahlrecht abzusprechen. Um Rassismus eben. Selbst
wenn – und ich will Joe Biden da nichts unterstellen – ein liberaler
Demokrat es für geboten hielte, hier eine Hand zur Versöhnung
auszustrecken: Sie würde hohnlachend weggeschlagen. Kompromissbereitschaft
entzieht Rechtsextremisten die Grundlage für ihr Handeln. Immer und
überall.
## Noch jemand Fragen?
Solange zumindest ein Teil der republikanischen Partei so tut, als sei die
Frage nach dem Wahlausgang sachlich und legitim, so lange kann Joe Biden
fast nichts für die nationale Versöhnung tun. Anders ausgedrückt: Obwohl
die Republikaner inzwischen sogar die Mehrheit im Senat verloren haben,
sind noch immer sie es, die an den Fäden ziehen können. Hat noch jemand
Fragen, warum manche in ihren Reihen nach wie vor das Wahlergebnis in
Zweifel ziehen?
Wäre ich verantwortlich für die Sicherheit während der Feier zur
Amtseinführung von Joe Biden – zum ersten Mal wäre ich vermutlich dankbar
für Corona. Auf die Seuche lässt sich schieben, was im Licht der Ereignisse
ohnehin unvermeidlich ist: kein Bad in der Menge, kein Auftritt vor
jubelndem Publikum. Viel zu riskant. Was für eine Niederlage für die
demokratische Öffentlichkeit.
Und, dramatischer und folgenreicher: Es ist nicht auszuschließen, es ist
sogar wahrscheinlich, dass Joe Biden am Tag seiner Amtseinführung den
Einsatz von Sicherheitskräften gegen Demonstranten anordnen muss. Wenn die
radikale Rechte in den USA nicht vollständig planlos ist, dann bereitet sie
Aktionen vor, die genau zu diesem Termin genau das erzwingen. Bisher
spricht nichts dafür, dass sie planlos ist. Ein schauerliches Symbol für
den Beginn einer neuen Präsidentschaft wird zu besichtigen sein.
9 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.theguardian.com/us-news/2021/jan/07/how-a-mob-of-trump-supporte…
## AUTOREN
Bettina Gaus
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