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# taz.de -- Schweden nimmt AKW vom Netz: Halbzeit beim Atomausstieg
> Viele Pannen und mittlerweile viel zu hohe Kosten: Die Skandinavier haben
> die Hälfte der ehemals zwölf Reaktoren im Land abgeschaltet.
Bild: Inzwischen historisch: einer der vier Ringhals-Reaktoren im Bau 1994
Stockholm taz | Zum Abschied gab es Sekt und Bier. Alkoholfrei natürlich,
wie Kraftwerkchef Björn Linde ausdrücklich versicherte. Im westschwedischen
[1][AKW Ringhals] wurde in der Silvesternacht angestoßen auf die
Stilllegung von Reaktor 1.
Der Atomveteran ging kurz vor Mitternacht nach 44 Betriebsjahren endgültig
vom Netz. Wie schon [2][Ende 2019 der ein Jahr ältere Reaktor Ringhals 2].
In Schweden wurden damit in den vergangenen 20 Jahren sechs der zwischen
1972 und 1985 in Betrieb genommenen zwölf Atomreaktoren stillgelegt.
Halbzeit beim Atomausstieg also.
Das Aus der Meiler war überfällig. Gerade die Ringhals-Reaktoren zeichneten
sich durch eine lange Pannengeschichte aus. Zwischen 2009 und 2013 stand
das AKW wegen andauernder Sicherheitsprobleme sogar unter „spezieller
Aufsicht“ der Strahlenschutzbehörde des Landes. 2015 beschloss der
Kraftwerksbetreiber Vattenfall das Ende für die Reaktoren 1 und 2. Die
Beseitigung der akutesten Sicherheitsmängel und die Nachrüstung mit einem
von der EU gefordertem neuen Notkühlsystem schätzte der Konzern als zu
wenig ökonomisch ein.
Ein politisch vorgegebenes Abschaltdatum für die Atomkraft gibt es in
Schweden nicht. Sie wird jedoch immer unwirtschaftlicher und macht sich
damit selbst überflüssig. Trug sie bis zur Jahrtausendwende rund zur Hälfte
der schwedischen Stromproduktion bei, ist es jetzt etwa ein Drittel.
## Bei Produktionskosten kann Atomstrom nicht mithalten
2019 stand die Atomkraft für 64 der im Land produzierten 164
Terawattstunden (TWh), 2020 waren es nur noch 48 TWh. Die Windkraft
lieferte dagegen 2020 mit 26 TWh fast 50 Prozent mehr als 2019 und wird
gerade kräftig ausgebaut.
Bei ihren Produktionskosten kann Atomstrom nicht mithalten. Der steht
derzeit für die höchsten Kosten im Strommix – zuletzt lagen diese rund ein
Fünftel über dem Durchschnittspreis an der Strombörse. Vattenfall hatte
daher den jetzt stillgelegten Reaktor aus wirtschaftlichen Gründen schon
zwischen Frühjahr und Herbst 2020 ganz abgeschaltet.
Obwohl Schweden 16 Prozent seiner Stromproduktion – also rechnerisch etwa
die Hälfte der Atomstromproduktion – exportiert, gibt die Atomkraftlobby
nicht auf. Sie verweist auf den künftig steigenden Strombedarf wegen der
zunehmenden Elektrifizierung im Verkehrs- und Industriesektor.
Im Parlament gab es sogar einen Vorstoß der Opposition, der die rot-grüne
Regierung zwingen wollte, den Staatskonzern Vattenfall zu verpflichten,
keine weiteren Reaktoren stillzulegen. Anna Borg, seit November
Vattenfall-Konzernchefin, lehnt einen solchen Schritt als „technisch und
ökonomisch verfehlt“ ab.
In Ringhals, wo die neueren und technisch aufgerüsteten Reaktoren 3 und 4
weiter betrieben werden, soll noch in diesem Jahr mit dem Abbau der beiden
stillgelegten Meiler begonnen werden. Rechnete Vattenfall vor drei Jahren
hierfür noch mit Kosten von 4 Milliarden, kalkuliert der Konzern jetzt
bereits mit etwa 6 Milliarden Kronen, also etwa 600 Millionen Euro.
3 Jan 2021
## LINKS
[1] /Bedeutung-von-Atomstrom/!5681259
[2] /Schweden-nimmt-AKW-Ringhals-vom-Netz/!5653216
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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