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# taz.de -- Cowgirls im Rodeo: Der Sturz der Bonnie McCarroll
> Das US-Cowgirl Bonnie McCarroll war eine Rodeo-Koryphäe. Nach ihrem Tod
> waren Frauen in den 30er Jahren als Teilnehmerinnen fast überall
> unerwünscht.
Bild: Frisch gespornt: zwei Cowboystiefel sind bereit fürs Rodeoreiten
Nur noch dieser eine Wettbewerb, und dann wollte sich die gefeierte
Rodeoreiterin Bonnie McCarroll zusammen mit ihrem Mann Frank Leo ins
Privatleben zurückziehen. Welche Träume und Hoffnungen sie für die Zeit
nach der sportlichen Karriere hatte, ist nicht bekannt. Bonnie starb am 29.
September 1929 im Alter von 32 Jahren in der Rodeoarena des [1][Pendleton
Round-ups] in Oregon, kurz nachdem auf ihr Signal hin die Box des
Wildpferdes „Black Cat“ geöffnet worden war. Das laut Zeugen
außergewöhnlich nervöse Tier strauchelte und fiel auf seine Reiterin, die
später in einem Krankenhaus starb.
Für ihren Tod waren auch die besonderen Regeln verantwortlich, die sich die
Offiziellen der Sportart für die weiblichen Bronco Rider ausgedacht hatten:
Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen mussten sie die Steigbügel ihrer
Sättel unter den Bäuchen der Pferde zusammenbinden. Vielleicht, um allzu
spektakuläre Bilder wild schlenkernder Beine zu vermeiden. In Bonnies Fall
führte diese Vorschrift dazu, dass sie nicht abgeworfen wurde, sondern mit
einem Fuß im Bügel hängenblieb und – bereits bewusstlos – durch die Spr�…
des bockenden Pferdes mehrfach mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug.
Frauenwettbewerbe waren zu diesem Zeitpunkt mehr als zwei Jahrzehnte lang
feste Programmpunkte vieler [2][Rodeo-Veranstaltungen]. Die zehnjährige
Lucille Mullhall war bereits 1905 im ausverkauften Madison Square Garden
aufgetreten. Später wurde sie die erste Veranstalterin von Frauen-Rodeos.
Die Rodeo-Frauen waren nationale Berühmtheiten, Mabel Strickland trat
später in einem Bing-Cosby-Film auf. Bonnie McCarroll hatte zwei Jahre vor
ihrem Tod vor dem damaligen US-Präsidenten Calvin Coolidge performt.
Nach ihrem Tod wurde das Bronco Riding für Frauen bei den meisten Rodeos
jedoch umgehend verboten, was möglicherweise an der sich abzeichnenden
Weltwirtschaftskrise lag. Ende der 1930er Jahre waren Frauen als
Rodeo-Teilnehmerinnen fast überall unerwünscht. Die Historikerin Mary Lou
LeCompte bemerkte dazu, dass sie „auf ihre Plätze verwiesen wurden, die
Sqare Dances“. Bonnie hätte dafür vermutlich nur wenig Verständnis gehabt,
sie war schon als Kind bei Rodeos aufgetreten und wusste sicher um die
Risiken. Ein spektakuläres Foto aus dem Jahre 1915 zeigt ihren Sturz von
einem Pferd namens „Silver“. Damals war sie 17 Jahre alt.
## Flug auf dem Pferderücken
Geboren war sie als Mary Ellen Treadwell in der Nähe von Boise, Idaho, wo
ihr Großvater eine 800 Hektar große Ranch betrieb. Mit 14 Jahren ritt sie
zum ersten Mal ein Wildpferd, einen Bronco. Fünf Sekunden lang schaffte sie
es, im Sattel zu bleiben. „Ich flog, die Erde schien zehn Meilen weit
entfernt, dann verlor ich das Bewusstsein und wachte im Bett auf.“ Für die
junge Rodeoreiterin stand eines sofort fest: „Ich werde nie damit aufhören,
bis ich Champion bin.“
Mit 18 heiratete sie Frank Leo, den Weltmeister im Bulldogging, einer Art
Ringkampf zwischen Mensch und Stier. Die beiden galten als Rodeo-Traumpaar.
Im Winter lebten sie auf der Idahoer Familienranch, auf die sie sich nach
Bonnies Karriereende zurückziehen wollten. Bonnie hielt sich dann mit
anderen Sportarten fit.
„Ich brauche keine Diäten zu machen, um in die Kleider zu passen, die uns
nun von den Modeschöpfern vorgegeben werden“, sagte sie über die androgyne
Mode der 1920er, „wenn es etwas gibt, das ein [3][Cowgirl] kann, dann ist
es, sich die schlanke Linie zu erhalten.“ Bonnie war klein. „Sie ist nicht
länger als eine Minute“, scherzte ihr Mann einmal über sie.
Anders als ihre Kollegen behandelt werden wollte sie allerdings nicht: „Wir
Cowgirls wollen dieses Spiel genauso spielen wie die Cowboys.“ Und deswegen
verzichtete sie auch, wann immer es ging, darauf, die Steigbügel
festzubinden. Die Extraregel für Frauen sei „eine Beleidigung“, sagte sie
einmal, vielleicht war ihr aber auch klar, dass sie in bestimmten
Situationen gefährlich sein könnte.
Dass Bonnie McCarroll nicht überleben würde, sei allen Zuschauern klar
gewesen, sagte der damals in der Arena anwesende Rodeo-Clown Monk Garden
2009 in einem Interview. Sie starb einige Tage später an ihren
Verletzungen. Seit 2002 erinnert eine Skulptur vor der Rodeo Hall of Fame
des Cowboy-Museums in Oklahoma an ihren Sturz von „Silver“ im Jahr 1915.
1 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.pendletonroundup.com/
[2] /Kolumne-Ich-meld-mich/!5603321
[3] /Reiten-und-Schuften/!5106747
## AUTOREN
Elke Wittich
## TAGS
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Pferdesport
Feminismus
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