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# taz.de -- Coronamaßnahmen in der Schweiz: Shoppen und Ski fahren ohne Reue?
> In der Schweiz breitet sich das Coronavirus im europäischen Vergleich
> besonders schnell aus. Trotzdem gibt es keinen harten Lockdown.
Bild: Im Skigebiet Villars-sur-Ollon in der Schweiz bleiben die Pisten trotz Pa…
Basel taz | Die Schweiz regelt Dinge oft anders als das restliche Europa –
[1][auch in der Coronakrise]. In den Nachbarländern Deutschland, Österreich
und Frankreich gelten erneut massive Einschränkungen des öffentlichen
Lebens. Und in der Schweiz? Dort war bis vor Kurzem sogar Zocken im Casino
erlaubt.
Dabei sind die Fallzahlen derzeit so hoch wie in keinem anderen
europäischen Land: Zwischen 4.000 und 6.000 Neuninfektionen werden jeden
Tag gemeldet, Tendenz steigend. Die Anzahl insgesamt gemeldeter Infektionen
pro Million Einwohner:innen war zuletzt dreimal so hoch wie in
Deutschland. Der kritische R-Wert von 1 ist längst überschritten, die
zertifizierten Betten auf den Intensivstationen sind zu rund 90 Prozent
belegt.
Wirtschaftsverbände und bürgerliche Parteien legten seit Oktober trotzdem
alles daran, einen zweiten Lockdown zu verhindern. Wochenlang scheute sich
auch die Regierung davor, bundesweite Maßnahmen zu ergreifen, denn die
Pandemiebekämpfung sei „Sache der Kantone“, wie der Leiter des Bundesamts
für Gesundheit, Alain Berset, in den vergangenen Wochen gebetsmühlenartig
betonte. Und das, obwohl die Covid-Science-Task-Force des Bundes längst auf
bundesweite Maßnahmen drängte.
Zwar leiteten einzelne Kantone Schritte ein, etwa der Kanton Basel-Stadt,
wo alle Restaurants ihren Betrieb einstellen mussten, und Genf, wo
Geschäfte schließen mussten. Doch die Fallzahlen stiegen weiter, denn viele
Menschen pendeln täglich über die Kantonsgrenzen hinweg. Und die
unübersichtlichen Regeln führten zu Verwirrung in der Bevölkerung und zu
Konkurrenzdruck zwischen den Kantonen.
## Einzelhandel bleibt vor Weihnachaten offen
Nach langem Hin und Her beschloss der siebenköpfige Bundesrat am Freitag
dann doch Maßnahmen. Ab kommendem Dienstag müssen Gastrobetriebe,
Sportzentren, Freizeiteinrichtungen und Kultureinrichtungen im ganzen Land
die Türen schließen. Schulen und der Einzelhandel bleiben aber offen.
Ärzt:innen und Pfleger:innen berichten seit Wochen von Überarbeitung, von
Patient:innen, die nicht operiert werden konnten, und von überfüllten
Intensivstationen. Zuletzt forderte selbst der konservative
Wirtschaftsverband Economiesuisse strenge Pandemieregeln. Für viele sind
die jetzt beschlossenen Maßnahmen eine unzureichende Antwort. Schließlich
geht das [2][Weihnachtsgeschäft in den Innenstädten] ungestört weiter und
es gibt keine Verpflichtung zum Homeoffice, nur eine Empfehlung.
Insgesamt dürften die Maßnahmen die Infektionszahlen wohl eher
stabilisieren, als sie zu drücken. So kritisierte der Experte für
Epidemiologie an der Universität Bern, Christian Althaus, auf Twitter, dass
einzelne Kantone, wenn sie einen lokalen R-Wert unter 1 vorweisen können,
die Maßnahmen lockern dürfen. Der Kanton Wallis mit einem R-Wert von 0,98
etwa, lässt Restaurants und Skigebiete offen.
Die Schweiz ist neben Österreich das einzige Alpenland, das die Skigebiete
nicht verbindlich schließen wollte – zum Ärger der angrenzenden Skinationen
Deutschland und Italien. Einzelne Kantone wie Schwyz, Zug und Appenzell
schlossen ihre Skigebiete schließlich trotzdem.
Es ist ein Kernelement der politischen Kultur in der Schweiz, das in der
Pandemie zur Hürde wird: der Föderalismus. Der Bundesrat regiert ungern,
normalerweise verwaltet er eher. Die strengen Verordnungen im Frühjahr
waren für den Bundesrat, der in einer ständigen Koalition aus allen großen
Parteien besteht, ungewöhnlich. Nur sehr zögerlich nimmt er diese
Verantwortung jetzt erneut auf sich.
Zuletzt konnten die Behörden in der Schweiz wieder erfreuliche Nachrichten
verkünden: Als erstes Land weltweit wurde der [3][Impfstoff BionTech] hier
in einem regulären Verfahren zugelassen. Bereits diese Woche soll die
Impfkampagne starten.
20 Dec 2020
## LINKS
[1] /Luxusquarantaene-in-Schweiz/!5675581
[2] /Einzelhandel-fordert-Abholerlaubnis/!5733728
[3] /Der-Corona-Impfstoff-von-Biontech/!5733717
## AUTOREN
Anina Ritscher
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