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# taz.de -- Geschlossene Schulen im Lockdown: Die Homeschooling-Profis
> Es ist wieder so weit: Schule ohne Schule, gelernt werden muss zu Hause.
> Vier Berliner Grundschulkinder erzählen, wie das so läuft.
Bild: Wo sind denn alle? Na, im Internet!
Wie Whatsapp zum Lernen
„Ich finde es nicht so schlimm, dass wir jetzt wieder zu Hause lernen
müssen. Zu Hause komme ich auch gut zurecht. Ich bin in der letzten Klasse
auf der Grundschule und möchte danach aufs Gymnasium. Mein Durchschnitt im
letzten Halbjahr war 1,0.
Meine Schule hat uns Material zum Lernen mit nach Hause gegeben und manche
Lehrer schicken uns die Aufgaben auch über Schulcloud. Das ist so etwas wie
Whatsapp zum Lernen, da können wir den Lehrern auch Fragen stellen.
Mit meinen Freunden und meinen Lehrern in der Schule zu lernen ist aber
trotzdem schöner. Das macht mehr Spaß. Ich vermisse meine Freundinnen aus
der Schule, die kann ich jetzt ja gar nicht treffen. Aber wir telefonieren
auch oft und helfen uns bei den Aufgaben und machen manchmal Facetime.
Ich habe drei Schwestern, die jüngste geht noch nicht zur Schule, aber die
anderen beiden lernen jetzt auch zu Hause und das finde ich schön, dann bin
ich nicht allein beim Lernen. Wir helfen uns gegenseitig, und meine Mutter
hilft uns auch, die arbeitet auch als Hausaufgabenhilfe in meiner Schule in
der Parallelklasse.
Gerade lerne ich Mathe, wir machen Bruchrechnen. Mir macht das Spaß, ich
bin gut in dem Fach. Dann muss ich noch etwas über die Alpen lernen.
Blöd ist, dass wir jetzt keinen Sport und keinen Musikunterricht mehr
haben, das fehlt mir. Ich würde auch gerne mal wieder schwimmen oder in den
Turnverein gehen oder zu Lasertag. Das ist so ein Ort, wo man besondere
Westen anzieht und dann schießt man mit Laserstrahlen aufeinander.“
Layla (11) geht in die 6. Klasse einer Grundschule in Neukölln
Endlich der Lockdown
„Ich bin froh, dass der Lockdown endlich begonnen hat, weil die
Ansteckungszahlen in letzter Zeit so schnell nach oben gegangen sind. Ich
hatte das Gefühl, dass die Leute nicht genug aufeinander aufpassen. Zuerst
fand ich es komisch, dass wir jetzt plötzlich Onlineunterricht haben
sollten. Aber dann habe ich mich darauf gefreut.
Ich bin ja auf einer Montessorischule. Also hatten wir heute morgen zuerst
eine Videokonferenz für unsere Lernfamilienzeit, in der wir immer mit
unseren Lernbegleitern besprechen, was wir heute machen und ob wir noch
irgendwo Hilfe brauchen und so. Das war zuerst chaotisch, aber nach einer
Weile haben das die Lernbegleiter ganz gut geordnet und wir konnten alles
besprechen.
In der zweiten Lernzeit habe ich ein Projekt, das ich mit meiner Freundin
zusammen anbiete, einen Leseclub. Wir lesen das Buch „Feo und die Wölfe“
von Katherine Rundell. Eine Lernbegleiterin hatte eine Konferenz für uns
eingerichtet. Alle fünf Mädchen, die kommen wollten, waren auch da. Zwei
der Mädchen konnten ihr Mikrofon nicht einschalten, aber sie konnten meine
Freundin und mich hören. Dadurch konnten wir abwechselnd aus dem Buch
vorlesen und das Diskutieren haben wir dann im Chat erledigt.
Ansonsten hatte ich noch Mathe und Deutsch und ich bin nicht so zum
Arbeiten gekommen wie sonst, weil es viele technische Probleme gab. Aber
weil wir alle versucht haben, uns gegenseitig zu helfen, hat uns das sehr
zusammengeschweißt.
Insgesamt fand ich den Tag ganz schön, es war lustig. Ich hoffe, dass wir
morgen auch mal früher wieder aus den Konferenzen rauskönnen und mehr Stoff
schaffen. Die Lernbegleiter haben uns versprochen, dass sie nach den Ferien
viele kleinere Konferenzen für uns einrichten, in denen man sich besser
austauschen kann.“
Mei (12) besucht die 7. Klasse einer Montessorischule in Pankow
Nur mittelbegeistert
„Als ich gehört habe, dass ich wieder zu Hause lernen soll, war ich nur so
mittelbegeistert. Meine Freunde auch. Manche haben sich gefreut, weil sie
gerne morgens länger schlafen, die haben gesagt: Yeah! Aber ich finde es
einfach blöd, dass ich meine Freunde nicht mehr in der Schule sehe. Jetzt
sitze ich wieder zu Hause.
Es ist aber schon alles viel organisierter als im Frühjahr. Ich weiß jetzt,
wie die Lernplattform funktioniert, und vor allem weiß ich schon ein
bisschen, wie ich den Tag angehen kann. Ich mache mir morgens immer einen
Plan, was ich schaffen will, das hilft mir.
Und das geht jetzt auch leichter, weil unserer Klassenlehrerin uns am
Dienstag noch einen genauen Plan mitgegeben hat, welche Fächer wir wann bis
Freitag machen sollen. Die Aufgaben stehen dann auf der Lernplattform im
Internet. Und bis Freitag muss ich alles abgeben, also hochladen.
Bei uns ist jetzt jeder auf der Lernplattform. Es haben auch alle Tablets.
Unsere Schule hat eine Umfrage gemacht, da kam raus, dass keiner ein Tablet
braucht, weil alle zu Hause mindestens eins haben, die meisten zwei.
Ich habe auch das Gefühl, die Lehrer wissen jetzt viel besser, was sie
machen sollen. Sogar in Sport haben wir eine Aufgabe bekommen: Ein
Mini-Workout, da müssen wir Rumpfbeugen und Kniebeugen und so machen. Mache
ich aber erst am Freitag.
Heute morgen ist dann allerdings gleich mal unser Drucker kaputtgegangen,
na super, habe ich gedacht, das auch noch. Aber auch nicht so schlimm, weil
ich die Englischaufgaben dann einfach in meinen Hefter geschrieben habe
statt auf das Arbeitsblatt, und dann fotografiere ich das mit Mamas Handy
und lade es hoch.
Ob unsere Klassenlehrerin sich bei uns meldet? Keine Ahnung, sie hat nichts
gesagt. Ich glaube nicht.
Was ich wirklich schade finde: dass es jetzt nicht mehr den Moment gibt, wo
am Freitag nach der letzten Stunde die Lehrerin ‚Schöne Ferien!‘ sagt.
Jetzt sitze ich hier und Mama sagt wahrscheinlich: ‚Ist auch okay jetzt.‘“
Moritz (11) geht in die 6. Klasse einer Grundschule in Pankow
Hoffentlich antwortet jemand
„Wir hatten eigentlich noch viel Programm für diese letzte Woche. Aber weil
die Schule ja schon am Dienstag endete, wurde alles auf Montag und Dienstag
vorgezogen. An den beiden Tagen haben wir insgesamt vier Tests geschrieben.
Uff!
Ich bin ein bisschen traurig, dass der Unterricht in der Schule früher
aufhört und wir jetzt erst mal Homeschooling machen müssen, weil ich meine
Klasse und meine Lehrerinnen nicht sehe. Aber sie haben uns immerhin gut
vorbereitet: Wir haben jede Menge Hausaufgaben bekommen in Mathe, Deutsch,
Englisch und sogar in Kunst! Dafür sollen wir online ein Hörspiel hören und
danach eine Szene daraus zeichnen. Und wenn ich mal nicht weiterweiß, kann
ich meinen Lehrerinnen eine Mail schreiben. Probiert habe ich das noch
nicht; ich hoffe also mal, dass das dann auch klappt und jemand antwortet.
Wie lange wir noch zu Hause unterrichtet werden, wissen wir nicht. Eine
Lehrerin hat gesagt, es wird wohl noch bis Mitte Januar andauern. Mal
sehen, ob das stimmt.“
Rosa (10) geht in Prenzlauer Berg in die 5. Klasse
17 Dec 2020
## AUTOREN
Alke Wierth
Susanne Messmer
Anna Klöpper
Bert Schulz
## TAGS
Homeschooling
Lockdown
Schule
Digitales Lernen
Schule und Corona
Maskenpflicht
Schwerpunkt Coronavirus
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