# taz.de -- Justiz in Russland: Demütigen und schwächen | |
> Der Hausarrest des linken Oppositionspolitikers Nikolai Platoschkin wird | |
> bis zum 2. Januar 2021 verlängert. Angeblich besteht Fluchtgefahr. | |
Bild: Oppositionspolitiker Nikolai Platoschkin | |
Kiew taz | Ein Moskauer Stadtgericht hat am Mittwoch den Hausarrest des | |
[1][linken Oppositionspolitikers Nikolai Platoschkin], Chef der „Bewegung | |
für einen neuen Sozialismus“, bis zum 2. Januar 2021 verlängert. Bei | |
Platoschkin, der von der russischen Menschenrechtsorganisation „Memorial“ | |
als politischer Häftling und von Amnesty International als | |
Gewissensgefangener anerkannt wird, bestehe Fluchtgefahr, so die Anklage. | |
Die Machthaber wollten mit dem Hausarrest einen Gegner demütigen und | |
schwächen, erklärte Anschelika Egorovna Glaskowa, Lebensgefährtin von | |
Platoschkin und Vorstandsmitglied der „Bewegung für einen neuen | |
Sozialismus“, gegenüber der taz. Ihm seien Spaziergänge und Friseurbesuche | |
genauso verboten wie ein für die Eheschließung notwendiger Notarbesuch. | |
Glaskowa ist sich sicher, dass das Urteil bereits vor der Sitzung gefällt | |
worden sei. „Bei uns in Russland arbeiten Staatsanwaltschaft, | |
Ermittlungsbehörden und Richter Hand in Hand, wenn von oben ein bestimmtes | |
Urteil angeordnet worden ist. Und dieses Urteil ist ein Auftrag von oben“. | |
Dafür spreche auch, dass kurz vor der Verhandlung eine neue Richterin den | |
Fall übernommen hatte, sich ein Mann in Zivil direkt neben diese Richterin | |
gesetzt habe, sich das Gericht für die Beratung gerade einmal fünf Minuten | |
zurückgezogen habe und 15 Bürgschaften von Abgeordneten der Staatsduma und | |
des Moskauer Stadtrates vom Gericht ignoriert worden seien. | |
## Folter wie 1937 | |
Erneut sehe man, dass nun wieder Zustände wie 1937 herrschten. „Auch heute | |
wird wieder in den Kellern des Geheimdienstes in der Ljubljanka gefoltert“, | |
so Anschelika Egorovna Glaskowa. | |
Platoschkin versammelt auf seinem Youtube-Kanal mehr als eine halbe Million | |
Abonnenten und hatte bei den Nachwahlen zur Staatsduma 2019 als Parteiloser | |
auf dem Ticket der Kommunisten [2][im sibirischen Chabarowsk] mit fast 25 | |
Prozent der Stimmen die Kandidatin der russischen Regierungspartei | |
geschlagen. | |
Seit 4. Juni 2020 ist Platoschkin in Hausarrest. Er darf nur mit seinen | |
Eltern und seinem Anwalt in Kontakt treten. Die Anklage wirft ihm bewusste | |
Verbreitung von offensichtlich falschen Informationen und Aufhetzung zu | |
Massenunruhen vor. | |
Im September musste Platoschkin wegen Präinfarktsymptomen auf der | |
Intensivstation eines Moskauer Krankenhauses behandelt werden. Die | |
Verteidigung will sich nun an den Europäischen Menschengerichtshof wenden. | |
26 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Linke-Opposition-in-Russland/!5725566 | |
[2] /Proteste-in-Russland/!5700464 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
## TAGS | |
Russland | |
Opposition | |
Justiz | |
Russische Opposition | |
Russland | |
Demonstrationen | |
Russland | |
Russland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Opposition in Russland: Politisch kaltgestellt | |
Der Linke Nikolai Platoschkin wird wegen Aufrufs zu Massenunruhen zu einer | |
Bewährungsstrafe verurteilt. Politisch bedeutet das das Aus. | |
Linke Opposition in Russland: Hoffnung auf ein Ende des Arrests | |
Nikolai Platoschkin ist ein hartnäckiger Gegner Putins. Seit Juni steht er | |
deshalb unter Hausarrest. Doch seine Lage könnte sich bald verbessern. | |
Proteste im Fernen Osten Russlands: Putins System zeigt Risse | |
In Chabarowsk gehen weiter Zehntausende gegen den russischen Präsidenten | |
auf die Straße. Dem Kreml fehlt die Übung im notwendigen Dialog. | |
Anhaltende Proteste in Sibirien: Russlands Ferner Osten hält durch | |
Die Massenproteste in Chabarowsk gegen die Festnahme des populären | |
Gouverneurs Sergei Furgal reißen nicht ab. Moskau stellt sich taub. | |
Proteste in Russland: Rebellion im Fernen Osten | |
In Sibirien sind Tausende auf die Straße gegangen, um gegen die Festnahme | |
eines Gouverneurs zu protestieren. Er soll für Morde verantwortlich sein. |