# taz.de -- Weltkindertag in Coronazeiten: Children first! | |
> Den Erwachsenen könnte man durchaus noch mehr Regeln zumuten. Die | |
> Kleinsten aber dürfen nicht am stärksten unter der Pandemie leiden. | |
Bild: Gemeinsam im Freien spielen sollte für Kinder jederzeit möglich sein | |
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die sogenannte Ein-Freund-Regel, wonach | |
selbst kleine Kinder künftig nur noch eine einzige feste Person außerhalb | |
der Familie treffen dürften, wurde zwar von den Ministerpräsidenten zum | |
Glück erst mal verworfen. Eine solch radikale Kontaktbeschränkung könnte | |
aber durchaus noch kommen – wenn die Corona-Infektionszahlen bis nächste | |
Woche zu hoch bleiben und wenn Angela Merkel an ihrem Vorschlag festhält. | |
So gut und beruhigend es auch ist, dass die Kanzlerin mit | |
wissenschaftlichem Verständnis auf die Zahlen blickt und daraus nüchtern | |
Schlüsse zieht, [1][was nun helfen könnte], um die Pandemie einzudämmen: Es | |
geht bei aller Vernunft nicht nur um Mathematik und die | |
Wahrscheinlichkeitsrechnung, welche Maßnahme die Coronazahlen wohl am | |
schnellsten drücken könnte. Es muss auch um die Menschen gehen, die davon | |
betroffen sind. Und darum, welche mehr oder weniger belastbar sind. | |
Klar: Wenn nichts mehr geht, geht für alle nichts mehr. Aber es sollten | |
nicht ausgerechnet die [2][Kleinsten am schwersten unter einer Krise | |
leiden], die sie nicht wirklich verstehen und vielleicht nie ganz | |
bewältigen, wenn wir nicht aufpassen. Gerade weil die Coronamaßnahmen wohl | |
noch lange nötig sind, muss darauf geachtet werden, dass sie bei den | |
Heranwachsenden nicht zu viele Schäden hinterlassen. Kurz gesagt, bei allen | |
vertretbaren Lockerungen sollte gelten: Children first! | |
Das gilt auch für die Bildung. Guten Schüler*innen mag das | |
[3][Homeschooling] leichtfallen. Wer aber ohnehin kaum mitkommt, droht | |
schon bei einer halbierten Schulzeit ganz abgehängt zu werden. Darauf muss | |
und kann man so lange wie irgend möglich Rücksicht nehmen. Zumal das | |
Ansteckungsrisiko bei kleineren Kindern offenbar geringer ist als bei | |
älteren Jugendlichen und Erwachsenen. | |
Diesen können hingegen noch größere Einschränkungen auferlegt werden, falls | |
notwendig. Da gibt es durchaus Spielraum, solange Frisöre und die vor allem | |
von Risikogruppen aufgesuchten Kirchen sogar indoor offen sind. Von kleinen | |
Kindern aber zu verlangen, dass sie sich für die nächsten Monate für einen | |
einzigen Freund entscheiden müssen, ist eindeutig zu hart. Was, wenn die | |
Wunschperson leider Nein sagt und lieber mit anderen spielt? Wenn sich ein | |
Kind nicht zwischen den zwei besten Freundinnen entscheiden kann? Es gibt | |
doch durchaus Kompromisse: Falls es in den Wohnungen zu eng und riskant | |
wird, könnten Kinder ja im Freien zusammen spielen, wo es allen | |
Virolog*innen zufolge weit weniger gefährlich ist. | |
Mag sein, dass die Ein-Freund-Regel jetzt vom Tisch ist. Hoffentlich. Aber | |
dass sie überhaupt vom Kanzleramt vorgelegt wurde, zeigt, dass dort vor | |
lauter Mathe zu wenig an die Kinder gedacht wird. | |
20 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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