# taz.de -- Bürgerkrieg im Norden Mosambiks: Tödliche Flucht im Indischen Oze… | |
> Zehntausende Menschen flüchten über das Meer in die Küstenstadt Pemba. | |
> Manche überleben die Reise nicht. Doch zu Hause bleiben ist keine Option. | |
Bild: Pemba in Mosambik: Zehntausende flüchten über den Indischen Ozean in di… | |
Berlin taz | Zu Hunderttausenden versuchen verzweifelte Mosambikaner, die | |
zwischen [1][Regierungstruppen und islamistischen Rebellen umkämpften | |
Gebiete im äußersten Norden des Landes] zu verlassen – und weil die Straßen | |
oft zu gefährlich sind und manche Küstenstädte von der Armee oder von den | |
Aufständischen abgeriegelt worden sind, entdecken immer mehr Fliehende das | |
Meer als Alternative. | |
Mit tödlichen Konsequenzen, wie sich am 29. Oktober erwies, als ein Boot | |
mit über 70 Menschen im Indischen Ozean auf dem Weg in die | |
Provinzhauptstadt Pemba sank. Die Zahl der bestätigten Toten stieg bis zum | |
Wochenende auf 38. Erst am 2. November erreichten Überlebende Pemba und | |
konnten von der Havarie berichten; mittlerweile werden auch Leichen an den | |
Stränden angespült. | |
„Als das Boot sank, konnte ich mich an einem Wasserkanister festhalten und | |
bis zur nächsten Insel gelangen“, berichtete Uyaca Mpate, die mit ihrem | |
Mann auf der Flucht war, gegenüber der UN-Migrationsorganisation IOM. | |
„Manche hielten sich an Kissen fest oder an Seilen, aber die anderen sind | |
ertrunken. Auch mein Mann ist ertrunken. Die meisten Toten sind Kinder. Nur | |
zwei Kinder haben überlebt“. | |
Seit Mitte Oktober sind laut IOM 274 Boote mit über 13.000 Menschen in | |
Pemba gelandet. Immer noch kommen jeden Tag mehrere Hundert Neuankömmlinge, | |
so der jüngste Lagebericht der humanitären UN-Koordinierungsstelle OCHA – | |
unter ihnen unbegleitete Kinder, Schwangere, Schwerkranke und Behinderte. | |
Sie sind aus Gebieten geflohen, in denen zuletzt heftige Kämpfe gemeldet | |
wurden. | |
## Immer wieder wird von Racheaktionen berichtet | |
Mosambiks Armee hat lokale Milizen gebildet, um die mutmaßlich aus Tansania | |
eingedrungenen islamistischen Shabaab-Milizen zu bekämpfen; immer wieder | |
wird berichtet, dass eine Seite sich an der anderen dadurch rächt, dass sie | |
Dörfer anzündet und die Bewohner in die Flucht treibt. Der Regierungsarmee | |
werden zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, weil sie oft die | |
nicht geflohene Zivilbevölkerung für Sympathisanten der Aufständischen | |
hält. Sie erhält Unterstützung aus der Luft durch Hubschrauber der | |
ursprünglich in der Wildereibekämpfung tätigen [2][privaten | |
Sicherheitsfirma Dyck Advisory Group]. | |
Über 400.000 Menschen im Norden Mosambiks sind auf der Flucht. 100.000 | |
leben in Übergangsunterkünften in der Stadt Pemba. Es mangelt an Nahrung, | |
Trinkwasser und Gesundheitsversorgung; das Hilfswerk Ärzte ohne Grenzen | |
warnte vor Kurzem vor einer Ausdehnung von Malaria angesichts der nahenden | |
Regenzeit. Doch in den ländlichen Gebieten ist die Situation noch prekärer, | |
zumal aus vielen Regionen auch das Gesundheitspersonal nach Pemba geflohen | |
ist. | |
Eine Beruhigung des Konflikts ist nicht in Sicht. Am 2. November wurden in | |
einem Wald des Distrikts Muidumbe die verstümmelten Leichen von 5 | |
Erwachsenen und 15 Kindern gefunden – sie seien von Islamisten geköpft | |
worden, erklärten die Behörden. | |
Immer wieder hat auch der „Islamische Staat“ (IS) die Aktivitäten der | |
islamistischen Rebellen für sich beansprucht, ohne dass jedoch eine | |
nachgewiesene direkte Verbindung besteht. Mehrfach sind zuletzt auch | |
Angriffe der Rebellen im Süden des benachbarten Tansania gemeldet worden – | |
dort rufen sie zum Sturz des Präsidenten John Magufuli auf, der Ende | |
Oktober unter sehr umstrittenen Umständen wiedergewählt wurde und die | |
Opposition massiv unterdrückt. Tansanias Armee hat bei Gegenschlägen | |
mosambikanische Dörfer beschossen. | |
10 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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