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# taz.de -- Listen zur Corona-Nachverfolgung: Wirksamkeit ungewiss
> In Cafés, Kneipen und Restaurants müssen Gäste seit Monaten ihre
> Kontaktdaten eintragen. Ist das sinnvoll? Die Regierung weiß es selbst
> nicht.
Bild: Wie wirksam Gästelisten wirklich sind, weiß die Bundesregierung nicht
Berlin taz | Sie gelten als wichtiges Instrument zur Eindämmung der
Pandemie: Gästelisten. Indem Menschen, die im Lokal essen oder in der
Kneipe ihr Feierabendbier trinken, [1][in dort ausliegenden Listen ihre
Daten hinterlassen], sollen die Gesundheitsämter Infektionsketten leichter
nachverfolgen können. Um im Falle eines infizierten Gastes die übrigen
Leute zu warnen – und möglichst eine Massenverbreitung zu verhindern.
Soweit zumindest die Theorie.
Doch in der Praxis ist der Nutzen dieser Gästelisten weniger klar. Zu dem
Schluss kommt man jedenfalls, wenn man die Antwort der Bundesregierung auf
eine Kleine Anfrage der Linken Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke liest.
Darin räumt die Bundesregierung ein, dass sie selbst nicht wisse, wie
wirksam Gästelisten tatsächlich sind. Die Antwort des
Bundesgesundheitsministeriums liegt der taz vor.
Darin schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Gebhart: „Die
Bundesregierung hat keine konkreten Ergebnisse zur Auswertung von
Gästelisten für die Kontaktnachverfolgung vor Ort durch die
Gesundheitsämter.“ Dann verweist er auf die Zuständigkeit der Länder.
Tatsächlich handelt es sich hier primär um Ländersache. Gleichwohl stellt
sich die Frage, warum die Bundesregierung über den Nutzen dieser Listen
augenscheinlich keine Informationen hat. Über ein Instrument immerhin, das
[2][auch bei Bund-Länder-Treffen] wiederholt Thema war – so wie Ende
September, als man sich auf höhere Bußgelder bei Falschangaben geeinigt
hatte. „Kein Kavaliersdelikt“, nannte das Kanzlerin Angela Merkel. Und eine
Maßnahme, die durchaus in die Privatsphäre des Einzelnen eingreift.
## Kritik an Wissenslücke
Auch Linkenpolitikerin Ulla Jelpke fragt sich das: „Die Bundesregierung
darf sich hier nicht hinter dem formalen Hinweis auf die
Länderzuständigkeit verstecken“, kritisiert sie. Wenn die Regierungen von
Bund und Ländern alle paar Tage neue Regeln und Einschränkungen für die
Bürger austüftelten, stünden sie auch in der Verantwortung, „diese Regeln
auszuwerten“.
Jelpke sieht nur zwei Möglichkeiten, die der Regierung bleiben: „Entweder
der Nutzen der Gästelisten ist nachzuweisen – dann kann man sie unter
Beachtung des Datenschutzes auch beibehalten“, sagt sie. Andernfalls
gehörten sie abgeschafft, da sie einen „sinnlosen und damit illegitimen
Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“
darstellten.
Ungeachtet der Wissenslücke verteidigt die Bundesregierung gleichwohl die
Nutzung der Daten für die Polizei zu anderen Zwecken. Derzeit plane sie
nicht, „mit den Ländern zu erörtern, inwieweit diese Listen vom Zugriff der
Polizei ausgenommen werden sollten“, heißt es in der Antwort.
Auch dies sieht Ulla Jelpke kritisch: In der Praxis bleibe offenbar nur
noch der Wille übrig, „Polizei und Geheimdiensten weitere Daten über das
Privatleben von Bürgerinnen und Bürgern zuzuschustern“, moniert sie und
fordert, die Verwendung von Gästelisten nur bei klarer Zweckbindung zu
erlauben.
23 Oct 2020
## LINKS
[1] /Kontaktdaten-in-der-Gastronomie/!5713226/
[2] /Bund-Laender-Gipfel-wegen-Corona/!5717888
## AUTOREN
Daniel Godeck
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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