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# taz.de -- Coronamaßnahmen in Belgien: Sie knuffelt mich (nicht)?
> Belgien ist stärker von Corona betroffen als Deutschland. Bei seinen
> Maßnahmen achtet das Land darauf, dass weiter gekuschelt wird.
Bild: Nähe ist ein Grundbedürfnis. Auf wen fällt aber die Wahl als Knuffelpa…
Belgiens Lockdown übertrifft längst das, woran man sich in Deutschland vom
Beginn der Pandemie erinnert. Gastronomie zu, Kontakte extrem beschränkt,
nächtliche Ausgangssperren. Nun ist am Montag hinzugekommen, dass alle
Geschäfte schließen müssen, die keine Waren des täglichen Bedarfs anbieten.
Im Nachbarland sind die Infektionszahlen nochmal um ein Vielfaches höher
als bislang in Deutschland. Pro 100.000 Einwohner*innen wurden nach
EU-Vergleichszahlen in den vergangenen 14 Tagen rund 1.700 Infektionen
gemeldet – in Deutschland etwas über 200. Besser greifbar ist die Lage
Belgiens am Gesundheitssystem. Zu viel medizinisches Personal ist dort
zuletzt ausgefallen. [1][In einigen Kliniken fehlt bereits ein Viertel der
Belegschaft].
Deswegen tritt das Land hart auf die Bremse. Alle Maßnahmen sollen bis
Mitte Dezember gelten. Dazu gehört, dass Menschen außerhalb ihres Haushalts
nur noch engeren Kontakt zu einer weiteren Person haben dürfen. Auf
Flämisch respektive Niederländisch wird diese Person „Knuffelcontact“
genannt, also „Kuschelkontakt“. Menschen, die alleine leben, bekommen zwei
Knuffelmenschen, die allerdings hintereinander und nicht zu dritt
bekuschelt werden dürfen. Hinweis: Man muss mit denen nicht knuffeln, man
darf auch kniffeln.
## Nähe als Grundbedürfnis
Das klingt nach einer knuffeligen Kuriosität, zeigt aber die Tragik der
Lage: Die Maßnahmen fordern Entbehrungen bei den Grundbedürfnissen. Für
alle, die bisher mit mehr als zwei Menschen geknuffelt haben, besteht die
Herausforderung erneut darin, den Freund*innenkreis durchzupriorisieren.
Du knuffelst mich, du knuffelst mich nicht. In den letzten Pandemiemonaten
sind gewiss viele zwischenmenschliche Verletzungen passiert, weil Menschen
einander unterschiedlich stark als „systemrelevant“ für sich persönlich
wahrnehmen.
Immerhin zeigt das belgische Beispiel: Es gibt eine Anerkennung für
körperliche Nähe als Grundbedürfnis. Und wichtiger noch: es wird zur
Kenntnis genommen, dass nicht alle Menschen ihre körperliche Nähe im
Haushalt bekommen oder sie sich in Form einer monogamen Zweierbeziehung
organisieren.
Was aber, wenn jemand gerade niemand zum Knuffeln findet? Für diese Leute
wäre es schön, wenn sichergestellt würde, dass sie sich Knuffelei kaufen
können.
2 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/politik/ausland/corona-krise-in-belgien-spitzt-sich-…
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Belgien
Lockdown
Schwerpunkt Coronavirus
Polyamorie
Kolumne Habibitus
Belgien
Schwerpunkt Coronavirus
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