# taz.de -- Duell Sawsan Chebli gegen Michael Müller: Das nahm man ihr nicht ab | |
> Sawsan Chebli hat das Rennen um den Bundestag verloren. Das Ergebnis ist | |
> richtig, Cheblis Kandidatur war trotzdem wichtig. Ein Wochenkommentar. | |
Bild: Sawsan Chebli (SPD), Staatssekretärin in der Senatskanzlei | |
Am Ende war es ein Achtungserfolg in der Niederlage: 40 Prozent der | |
SPD-GenossInnen im Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf stimmten am | |
Mittwochabend für Sawsan Chebli, die Staatssekretärin in der Senatskanzlei, | |
als ihre Direktkandidatin für die nächste Bundestagswahl. Rund 60 Prozent | |
stimmten für den amtierenden Regierenden Bürgermeister Michael Müller. | |
Chebli ist [1][gegen ihren eigenen Chef angetreten]. Das macht man nicht, | |
schallte es ihr schnell entgegen, nachdem sie im August ihre Kandidatur | |
bekannt gegeben hatte. Klar macht man das, wenn es doch einem größeren | |
Ganzen dient, konterte Chebli klug, und fand dafür öffentlich auch viel | |
Zuspruch. Was sie mit dem großen Ganzen gemeint hat: Die Partei profitiere | |
davon, dass sich jemand gegen Postendeals in Hinterzimmerrunden stellt | |
(Müller war nach Charlottenburg-Wilmersdorf ausgewichen, weil Juso-Chef | |
Kevin Kühnert Tempelhof beansprucht). | |
Da ist eine, die mal frischen Wind reinbringt, sollte das Signal sein. | |
Eine, die aus Prinzip etwas übrig hat für demokratische Prozesse, und aus | |
Prinzip etwas gegen diese Klüngelei hat, die das WählerInnenvolk doch so | |
zuverlässig in die Politikverdrossenheit treibt. | |
Und überhaupt, die Kandidatin selbst: Eine noch relativ junge Frau mit | |
Fluchtgeschichte und Migrationshintergrund – Cheblis Familie kommt aus | |
Palästina – gegen einen vergleichsweise alten weißen Mann, wer kann da noch | |
was sagen? Zumal es der Kandidatin ja auch scheinbar nicht um sie selbst | |
ging, sondern um ein höheres Ziel, die Partei, die Demokratie. | |
## Es ging um sie selbst | |
Aber es ging dann eben doch nur scheinbar um diese Dinge. Chebli hat sich | |
selbst und ihre Aufsteigerbiografie zum Mittelpunkt ihrer Kampagne gemacht. | |
Es ging um sie. Das ist nicht verwerflich, den meisten geht es um die | |
eigene Karriere – aber die GenossInnen haben ihr die altruistische | |
Motivlage dann eben auch nicht so ganz abgenommen. Und, lässt man mal die | |
menschliche Seite außen vor, vielleicht auch ganz nüchtern gedacht, dass | |
Müller doch der versiertere, erfahrenere Fachpolitiker für Berlin im | |
Bundestag sein könnte. | |
Chebli hat also verloren. Und dennoch war ihre Kandidatur auch ein Gewinn. | |
Es war tatsächlich ein gutes Signal, dass da jemand aufsteht und sich weder | |
um Konventionen noch um Männerbünde schert. Immerhin 40 Prozent ihrer | |
ParteifreundInnen sehen das auch so. Hätte man Chebli abstrafen wollen, | |
hätte das Ergebnis anders ausgesehen. Insofern: Sawsan Chebli hat alles | |
richtig gemacht. Wenn auch vielleicht aus den falschen Gründen. | |
1 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Berliner-SPD-verschiebt-Parteitag/!5724618 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Sawsan Chebli | |
Michael Müller | |
SPD Berlin | |
Michael Müller | |
Michael Müller | |
Michael Müller | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Berliner SPD verschiebt Parteitag: Michael Müller setzt sich durch | |
Die SPD verschiebt ihren Parteitag und damit die Wahl von Franziska Giffey | |
und Raed Saleh. Michael Müller gewinnt als Kandidat gegen Sawsan Chebli. | |
SPD im Berliner Wahlkampf: Nicht nur auf Twitter aktiv | |
Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli konkurriert mit dem Regierenden | |
Bürgermeister Michael Müller um ein SPD-Bundestagsmandat. Wofür steht sie? | |
Streit bei Rot-Rot-Grün in Berlin: Aufbrechen oder aussitzen? | |
Ein Jahr vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zum Bundestag ist die | |
Stimmung angespannt. Eine Analyse, woran Rot-Rot-Grün jetzt zerbrechen | |
könnte. |