# taz.de -- Theatertipps für Berlin: Schrecken und Läuterung | |
> Während es in der Volksbühne um den American War Of Life geht, bringt das | |
> Hebbel am Ufer das Silicon Valley der DDR auf die Bühne. | |
Bild: Statt „Jedermann“ gibt es „Everywoman“ von Milo Rau in der Schaub… | |
Den American War Of Life zuverlässig in seinen Stücken offengelegt hat der | |
Dramatiker Eugene O´ Neill, der 1936 den Nobelpreis für Literatur erhielt | |
und außerdem der Schwiegervater von Charlie Chaplin war. In „Mourning | |
Becomes Electra“ beispielsweise hat er die Atriden-Geschichte, in der Mord, | |
Missbrauch und Lüge eine Blutspur durch die Generationen legen, aus der | |
Zeit des Trojanischen Krieges in die USA der Jahre Amerikanischen | |
Bürgerkriegs übertragen. | |
„Trauer muss Electra tragen“, so der deutsche Titel der Tragödie um Lavinia | |
Mannon und ihre, in finstere Kämpfe verstrickte Familie, wurde 1931 | |
uraufgeführt. An der Volksbühne nimmt sich jetzt die 1987 geborene | |
Regisseurin Pınar Karabulut des Dramas und der darin vergrabenen Schrecken | |
an (Volksbühne: „Mourning Becomes Electra“, Premiere 16. 10., 19.30 Uhr). | |
Manchmal hat das Schreck des Todes auch läuternde Wirkung. Das ist zum | |
Beispiel bei Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ der Fall. Der nämlich | |
möchte, als der Tod ihn schon holen will, noch schnell seine irdische | |
Bilanz verbessern. | |
Das Stück, das jedes Jahr die Salzburger Festspiele krönt, wurde in diesem | |
Jahr Milo Rau zur Revision vorgelegt. Der hat, u.a. gemeinsam mit der | |
Schauspielerin Ursina Lardi, für Salzburg mit „Everywoman“ eine | |
zeitgenössische Version entwickelt, die nun in der co-produzierenden | |
Schaubühne herauskommt (Schaubühne: „Everywoman“, Premiere: 15. 10., 20 | |
Uhr). | |
Seine Bilanz verbessern will auch der 16jährige Karl Rossmann. Daheim hat | |
er ein Dienstmädchen geschwängert und seine Eltern verschiffen ihn nun nach | |
Übersee, um ihn der Verantwortung zu entziehen. Hier aber gestaltet sich | |
das neue Leben nicht so übersichtlich, wie erhofft, und so wird es eine | |
Reise in die Abgründe der eigenen Seele. So hat es Franz Kafka einst in | |
seinem Romanfragment „Amerika“ dargestellt. In der Charlottenburger | |
Vagantenbühnen bringt nun Lars Georg Vogel den Stoff heraus (Vagantenbühne: | |
„Amerika“, Premiere: 16.10., 20 Uhr). | |
Der Communist Way Of Life hat ja einmal von sich behauptet, eine | |
Alternative zum Kapitalismus zu sein, und die Enttäuschung darüber, dass | |
das nicht stimmte, schwingt bis heute nach. Das Kollektiv andcompany&Co | |
unternimmt nun in „Neue Horizonte: Eternity für alle“ noch einmal eine | |
theatralische Reise in eine Epoche, als die Zukunft noch vor uns lag und | |
der Sozialismus sich in der DDR von seiner futuristischen Seite zeigte. | |
In Schwedt, dem Silicon Valley der DDR, wo 1968 Arbeiter*innen des | |
Petrochemischen Kombinats die Revolution probten und zum ersten Mal Rechner | |
miteinander vernetzt worden sind (HAU2: „Neue Horizonte: Eternity für | |
alle“, Premiere 16.10., 19 Uhr). | |
12 Oct 2020 | |
## AUTOREN | |
Esther Slevogt | |
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