# taz.de -- Nachruf auf Comiczeichner Quino: Der Gesellschaftskritiker | |
> Mit seiner Comicstripheldin „Mafalda“ schuf Quino eine Kultfigur. Nun ist | |
> der argentinischen Comiczeichner im Alter von 88 Jahren gestorben. | |
Bild: Quino bei einer Ausstellungseröffnung in Argentinien 2014, als seine Maf… | |
[1][Mafaldas] Mutter schneidet gerade Zwiebeln, die ihr Tränen in die Augen | |
treiben. Da schiebt ihr die Tochter einen Globus auf den Küchentisch. „Was | |
soll das?“ – Mafalda: „Ich dachte, du möchtest vielleicht wegen etwas | |
weniger Banalem als einer Zwiebel heulen.“ | |
Die liebenswert altkluge kleine Mafalda ist die bekannteste Figur des | |
argentinischen Cartoonisten und Comiczeichners [2][Quino], der am letzten | |
Mittwoch im Alter von 88 Jahren starb. Joaquín Salvador Lavado Tejón alias | |
Quino wurde 1932 in Mendoza geboren und schuf bereits 1954 erste | |
Illustrationen für Zeitungen. Nachdem er 1963 mit „Quinos Welt“ sein erstes | |
Buch veröffentlichte, entwarf er ein adrettes kleines Mädchen mit Schleife | |
im buschig-schwarzen Haarschopf für eine Werbekampagne. | |
Daraus wurde nichts, doch die Figur inspirierte den Zeichner zu einem | |
Comicstrip um ein gutbürgerliches Mädchen namens Mafalda. Dessen | |
eigensinniger Charakter zeigte sich schon früh: Mafalda war zu ihren | |
Mitmenschen höflich, aber beobachtete deren Verhalten sehr kritisch. | |
Nachdenkliche, ironische Pointen wurden ihr Markenzeichen. Die alltäglichen | |
Sorgen ihrer Eltern – wie auch ihre eigenen – hob sie oft auf eine | |
politische oder gar philosophische Ebene. | |
Nachdem die Erstklässlerin etwa vor ihrer Klasse das Verb „vertrauen“ | |
konjugiert hat, sieht sie die Lehrerin an: „Wie kann man nur so naiv | |
sein?“. Und als sie das Graffito „Aufhören mit Zensu...“ auf einer Wand | |
liest, macht sie sich Gedanken, warum der Urheber sein Wort nicht | |
vollendete. | |
## Aus Kindersicht | |
Quinos zeichnete den Comicstrip für Zeitungen wie [3][„El Mundo“] von 1964 | |
bis 1973. Sein einfacher, karikierender Zeichenstil erinnerte an Charles M. | |
Schulz’ „Peanuts“. „Mafalda“ schilderte ebenso die Welt aus Kindersic… | |
bezog aber auch Erwachsene mit ein. Insbesondere die zahlreichen konkreten | |
politischen Anspielungen auf die argentinische Wirklichkeit in unruhigen | |
Zeiten – ob Armut, Frauenbewegung, Wettrüsten, Rassismus oder Korruption – | |
machten den Strip zu einer treffenden Zeitsatire. | |
„Mafalda“ wurde in 26 Sprachen übersetzt und zur populärsten, | |
identitätsstiftenden Comicfigur Argentiniens wie des gesamten spanischen | |
Sprachraums. | |
Viele politische Aktivistinnen berufen sich auf die Kultfigur, die zum | |
Symbol für Menschenrechte wurde. Aber Quinos Werk umfasste auch unzählige | |
gesellschaftskritische Cartoons abseits von Mafalda, die hierzulande noch | |
zu entdecken sind. | |
4 Oct 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.quino.com.ar/mafaldaenglish | |
[2] https://www.quino.com.ar/aboutquino | |
[3] https://www.elmundo.es/ | |
## AUTOREN | |
Ralph Trommer | |
## TAGS | |
Comic | |
Comic-Held | |
Gesellschaftskritik | |
Nachruf | |
Film | |
Buch | |
Argentinien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Argentinischer Filmemacher und Politiker: Pino Solanas ist tot | |
Er saß im Parlament und kritisierte die Folgen von Bergbau und | |
Agrarindustrie. Nun ist Pino Solanas mit 84 Jahren an Covid-19 gestorben. | |
Graphic Novel „Grönland Odyssee“: Vereiste Seelen | |
Eigenbrötler, die Eisbären füttern. Die Autoren Hervé Tanquerelle und Gwen | |
de Bonneval adaptieren bildlich eine Geschichte nach Jørn Riel. | |
Kritischer Comic, gefährdeter Zeichner: Mythos Eternauta | |
Argentinische Avantgarde: Die Akademie der Künste projiziert Héctor G. | |
Oesterhelds „Eternauta“ in den öffentlichen Raum. | |
Comicfigur Mafalda wird 50 Jahre alt: Haltet die Welt an, ich will aussteigen | |
Mafalda stammt aus der argentinischen Mittelschicht, mag keine Suppe und | |
hinterfragt permanent die Gesellschaft. Ihre Comicstrips sind bis heute | |
aktuell. |