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# taz.de -- Repressionen in Belarus: Für die Wahrheit bestraft
> Ein Arzt und eine Journalistin machen ihren Job. Das hat Konsequenzen.
> Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 37.
Bild: Menschen mit einem Bild Roman Bondarenko während einer Gedenkveranstaltu…
Tausende Belaruss*innen waren gekommen, um sich von dem getöteten Roman
Bondarenko zu verabschieden. Er war am Abend in den Hof seines Hauses
gegangen, um sich anzusehen, wie Unbekannte weiß-rot-weiße Bänder abrissen.
Dabei wurde er zusammengeschlagen. Nach Hause kehrte er nicht mehr zurück.
Auf dem Weg von der Abteilung für Inneres ins Krankenhaus fiel er ins Koma,
dann wurde er in die Leichenhalle gebracht.
Die Ermittler teilten mit, dass der junge Mann betrunken gewesen sei.
Alexander Alexander Lukaschenko sagte: Sie haben irgendeinen Menschen
ausgesucht und dann angefangen Proteste loszutreten.
Nach dem Mord begann eine neue Welle von Protesten und Repressionen.
Natalja Katschanowa, die den Rat der Republik leitet, erklärte gegenüber
Medien: „Die Proteste haben sich radikalisiert. Dass er (Bondarenko, Anm.
d. Red.) betrunken war, ist zu 100 Prozent sicher. Jetzt ist bereits klar
festgestellt worden, dass im Internet verlogene Informationen zirkulieren.
Angeblich soll er nüchtern gewesen sein. Aber alle haben doch gesehen, wie
sie ihn (Bondarenko, Anm. d. Red.) gefeiert haben? Mit einem Denkmal.
Solche wie er sterben jeden Tag. Der Präsident hat genau das Richtige
gesagt: Die Stadt muss gesäubert werden!“
„Selbst wenn er betrunken gewesen sein sollte, seit wann darf man bei uns
Betrunkene einfach umbringen?“, empörte sich eine Journalistin auf
Facebook.
Darüber, dass Roman nüchtern gewesen sei, hatte auch Katerina Borisewitsch,
[1][Journalistin des Onlineportals tut.by], geschrieben. Drei Tage später –
sie betrat gerade ein Geschäft – nahmen sie Sicherheitskräfte in Zivil
fest. Sie brachten sie nach Hause, durchsuchten ihre Wohnung und brachten
sie schließlich in ein Untersuchungsgefängnis des KGB. Die
Staatsanwaltschaft teilte mit, dass ein Strafverfahren eingeleitet worden
sei.
[2][Festgenommen wurde auch der Arzt], der entsprechende Dokumente über
Bondarenko in den Medien öffentlich gemacht hatte. Auch in diesem Fall
leitete die Generalstaatsanwaltschaft ein Strafverfahren ein: Verletzung
der ärztlichen Schweigepflicht, was ernsthafte Konsequenzen nach sich
zieht.
Romans Eltern hingegen hatten gegenüber den Medien sowie dem medizinischen
Personal keinerlei Vorbehalte. Die Mutter hatte sich damit einverstanden
erklärt, Informationen über den Gesundheitszustand ihres Sohnes zu
veröffentlichen. Doch die Sicherheitskräfte folgen einem anderen Szenario:
Sie setzen die Belaruss*innen weiter unter Druck, die geben jedoch nicht
klein bei.
„Ich liebe unsere Frauen“, sagt die Fotografin Darja, die bei den
Protestkundgebungen Bilder macht. „Es braucht schon viel Stärke, um zu
diesen Märschen auf die Straße zu gehen und wenn ein Spaziergang mit Blumen
höchstwahrscheinlich mit einer Festnahme endet. Doch damit vor solchen
Aktionen nichts nach draußen dringt, wird in den Chats über Cremes gegen
Augenfältchen diskutiert. Diese Frauen sind unerschöpfliche
Inspirationsquelle für mich.“
In den vergangenen sechs Monaten sind mehr als 900 Strafverfahren
eingeleitet worden: gegen Beteiligte am Präsidentenwahlkampf,
Aktivist*innen der Wahlstäbe sowie Teilnehmer*innen friedlicher Proteste
nach der Präsidentenwahl.
Aus dem Russischen Barbara Oertel
25 Nov 2020
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## AUTOREN
Olga Deksnis
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