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# taz.de -- Springer-Chef kritisiert „Bild“: Der Entschuldigungs-Wettbewerb
> Mathias Döpfner, Chef des Axel Springer Verlags, gesteht öffentlich
> Fehler in der Solingen-Berichterstattung der „Bild“ ein. Glaubhaft ist
> das nicht.
Bild: Haben Kreide gefressen: Die „Bild“ und der böse Wolf in einer Illust…
Im Märchen vom Wolf und den sieben Geißlein frisst der Wolf Kreide, um den
kleinen Ziegen etwas vorzumachen. Ein wenig staubte es auch bei der Rede
von Springer-Chef Mathias Döpfner, die er am Dienstag beim diesjährigen,
erstmals virtuellen Zeitungsverlagskongress hielt.
Da ging er auch auf den Umgang seiner Bild [1][mit dem Kindesmord in
Solingen] ein: „Wir haben Fehler gemacht: Bild hat WhatsApp-Nachrichten
eines Kindes, das überlebt hat, in einem Artikel eins zu eins
veröffentlicht. Wir haben den Schutz von Minderjährigen in diesem Fall
missachtet“, sagte Döpfner. Und dass sie „intern seither viel und sehr
kritisch über diesen Vorgang diskutiert“ hätten. Wenn der Kollege
Kai-Hinrich Renner von der Berliner Zeitung recht hat, soll sogar der Stuhl
von Bild-Chefredakteur Julian Reichelt [2][kurz gewackelt haben.]
Wenn man allerdings die lange Tradition der kalkulierten
Grenzüberschreitungen der Bild-Zeitung Revue passieren lässt, wirkt auch
dieses Schuldbekenntnis scheinheilig. Wie viele von den Rügen, die der
Presserat beim Verstoß gegen die journalistische Ethik und den Pressekodex
ausspricht, gingen bei der aktuellen September-Vergabe an Bild? Sechs von
fünfzehn, dazu kommt noch eine für die kleine Berliner Bild-Schwester B.Z.
Knapp die Hälfte, also.
Und auch der Entschuldigungs-Schönheitswettbewerb auf dem Boulevard ist
stets der gleiche. Bild haut drauf, bis es spritzt. Die erste
Empörungswelle wird gekontert, indem Bild auf andere Medien zeigt, die auch
Dreck am Stecken haben. Im Fall Solingen war das vor allem RTL. Ironie des
Schicksals: Dort ist mit Tanit Koch eine ehemalige Bild-Chefredakteurin für
die Nachrichten zuständig.
## Schuld sind erstmal die anderen
„Andere Medien haben zu Recht diese Grenzüberschreitung kritisiert. Manche,
obwohl sie selbst auch aus den privaten Nachrichten des Jungen zitiert
hatten“, merkte denn auch Döpfner. Um in seiner Rede dann weiter Kreide zu
fressen und zu versprechen: „Wir wollen und müssen es in Zukunft besser
machen.“
Wenn Bild den Bogen so richtig überspannt hat, kommt es hier und da
zusätzlich zu einer Art Generalbeichte. Die nimmt dann auch schon mal der
oberste Konzernvorstand Döpfner höchstpersönlich ab. Zum Beispiel, als Bild
den Virologen Christian Drosten madig zu machen versuchte und damit
ziemlich vor die Wand fuhr. Da besprachen Döpfner und Reichelt [3][das
Ganze anschließend] im Springer-Podcast inside.pod.
Döpfner packte aber nicht wie der Jäger im Märchen dem Bösewicht Steine in
den Bauch. Sondern kritisierte [4][das Vorgehen gegenüber Drosten], für
das es übrigens auch eine Rüge vom Presserat gab, eher onkelhaft als
„dummen Fehler“. Was am Ende stark nach „kann schon mal passieren, Schwamm
drüber“ klingt. Und – das ist die traurige Moral von der Geschichte – so
halten es Bild und der böse Wolf auch.
16 Sep 2020
## LINKS
[1] /Nach-Solingen-Berichterstattung/!5708395/
[2] https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/wie-sehr-wackelt-der-bild…
[3] https://kress.de/news/detail/beitrag/145238-julian-reichelt-spricht-mit-mat…
[4] /Bild-vs-Virologe-Drosten/!5685056/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Mathias Döpfner
Axel Springer
Julian Reichelt
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Kolumne Flimmern und Rauschen
Axel Springer
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