# taz.de -- Menschenrechtsgruppen in Indien: Armutszeugnis der Demokratie | |
> Indien ist auf einer Welle mit anderen rechtspopulistischen Regierungen. | |
> NGOs werden behindert, Amnesty zieht sich deshalb zurück. | |
Bild: Anhänger der hindunationalististischen Regierungspartei BJP in Kaschmir | |
Indien nennt sich stolz die größte Demokratie der Welt. In der Tat ist es | |
nicht nur das Land mit der zweitgrößten Bevölkerung, sondern hat als | |
multikulturelles, multiethnisches und multireligiöses Land demokratische | |
Strukturen samt pluralistischen Wahlen auf allen Ebenen. Das ist zweifellos | |
eine Errungenschaft. Doch sind auch die Defizite von Indiens Demokratie | |
offensichtlich. Dazu zählen nicht nur das undemokratische Kastensystem, die | |
Diskriminierung religiöser Minderheiten, die Rechtlosigkeit vieler Frauen | |
sowie das Versagen der Sozialsysteme im Kampf gegen [1][wachsende | |
Ungleichheit], sondern auch die vielen Verletzungen der Menschenrechte. | |
Genau deshalb ist die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen auch in | |
Indien so wichtig. Dass Amnesty International und anderen | |
Menschenrechtsrechtsorganisationen dort in den vergangenen Jahren unter | |
fadenscheinigen Vorwänden immer mehr Steine in den Weg gelegt wurden, | |
zeigt, dass sie das Richtige gemacht haben: Sie haben den Finger in die | |
Wunde gelegt. Ihre Kritik wurde nicht inhaltlich widerlegt, sondern wird | |
mit bürokratischen Schikanen unterdrückt. | |
Indiens herrschende Parteien haben in die Demokratie nicht gestärkt, | |
sondern weiter geschwächt. Bei der eine [2][antimuslimische Politik | |
verfolgenden hindunationalistischen BJP-Regierung] ist das offensichtlich. | |
Doch schon die von der Kongresspartei geführte Vorgängerregierung | |
schikanierte Menschenrechtler und Nichtregierungsorganisationen. | |
[3][Indien] ist damit auf einer Welle mit rechtspopulistischen Regierungen | |
in anderen Ländern, die Zivilgesellschaften zunehmend einengen. | |
Ministerpräsident Narendra Modi trat zwar als Modernisierer an, doch meinte | |
er damit nur die Wirtschaft. Indien braucht nach Jahren der Rückschritte | |
aber auch dringend eine politische Modernisierung. Bisher waren es | |
ausgerechnet Menschenrechtler und Nichtregierungsorganisationen, die in den | |
letzten Jahren begrenzte Fortschritte etwa bei den Rechten von Frauen oder | |
der LGBTQ-Community erzielen konnten. Davon braucht es mehr und nicht | |
weniger. | |
30 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Krankheiten-in-Indien/!5713686 | |
[2] /Religionskonflikt-in-Indien/!5700252 | |
[3] /Folgen-der-Pandemie-in-Indien/!5707967 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
## TAGS | |
Indien | |
Demokratie | |
Amnesty International | |
Indien | |
Congress-Partei | |
Indien | |
Indien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Hindu-Nationalismus in Indien: Sich die Geschichte zurechtmachen | |
Die indischen Geschichtsbücher werden um Teile der Vergangenheit ärmer. Die | |
Regierung treibt die muslimische Minderheit einmal mehr an den Rand. | |
Umstrittene Agrarreform in Indien: Bauern fürchten um Mindestpreise | |
Indische Bauernorganisationen und die oppositionelle Kongresspartei | |
protestieren vergeblich gegen eine Liberalisierung der Landwirtschaft. | |
Folgen der Pandemie in Indien: Corona macht Inder depressiver | |
Wegen der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen steigt in Indien die | |
Suizidgefährdung. Doch es mangelt an Bewusstsein für psychische Probleme. | |
Plastikrecycling in Indien: Ein Land räumt auf | |
Seit Indien den Import von Plastikmüll verboten hat, kümmern sich die | |
Recyclingfirmen verstärkt um die heimischen Müllberge – mit Erfolg. |