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# taz.de -- Militäroperation in Paraguay: Soldaten töten zwei Kinder
> Eine Spezialeinheit der paraguayischen Armee tötet beim Einsatz gegen die
> EPP-Guerilla zwei Mädchen. Der UN-Menschenrechtsrat fordert Aufklärung.
Bild: Paraguays Präsident Mario Abdo, hier bei einem Mercosur-Treffen in Asunc…
Buenos Aires taz | Eine Spezialeinheit der Armee Paraguays hat am 2.
September ein Lager der kleinen Guerillagruppe Paraguayische Volksarmee
(EPP) angegriffen. Nach der Militäraktion bei Yby Yaú in der Provinz
Concepción waren zwei Kinder tot.
[1][Paraguays Präsident Mario Abdo] ließ sich am Tatort mit den Militärs in
Siegerpose fotografieren. „Wir haben eine erfolgreiche Operation gegen die
EPP durchgeführt. Nach einer Konfrontation wurden zwei Mitglieder dieser
bewaffneten Gruppe getötet. Ein Offizier ist verwundet“, twitterte Abdo am
selben Tag.
Womöglich wusste der Präsident zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was seine
Spezialeinheit tatsächlich angerichtet hatte. Doch schon kurze Zeit später
wurde bekannt, dass die elfjährige María Villalba und die zwölfjährige
Lilian Villalba durch zahlreiche Schüsse getötet worden waren.
Da die Mädchen die argentinische Staatsangehörigkeit besaßen, schaltete
sich sofort Argentiniens Außenministerium ein, sorgte für Öffentlichkeit
und verlangte Aufklärung.
## Mutter spricht von Folter und Hinrichtung
Am Mittwoch, 9. September, will sich jetzt Abdo auf einer allerdings
nichtöffentlichen Sitzung des Parlaments in Asunción erklären. „Sie haben
sie gefangengenommen, gefoltert und hingerichtet“, warf Miriam Villalba,
die Mutter von Lilian, Paraguays Regierung und Armee vor.
„Sie haben ihre Kleider verbrannt und sie in Tarnuniformen gesteckt. Dann
haben sie sie gemeinsamen in einem Karton begraben“, sagte die Mutter am
Montag während einer Demonstration in Posadas, der argentinischen
Provinzhauptstadt von Misiones, der Heimat der beiden Mädchen.
Gemeinsam mit einige Hundert Menschen forderte sie Aufklärung und
Gerechtigkeit. Paraguays Regierung hatte zunächst angeben, die beiden
weiblichen Todesopfer seien volljährig und Mitglieder der Guerilla gewesen.
Noch am Tag ihres Todes wurden die Leichen der Mädchen auf richterliche
Anweisung auf dem Friedhof von Yby Yaú begraben. Als Begründung für die
rasche Beerdigung diente die Coronapandemie.
## Leichname wurden schnell beerdingt, jetzt aber exhumiert
Doch als drei Tage später die Identität der Mädchen bekannt wurde, ordnete
eine andere Richterin die Exhumierung der Leichname und die Überführung in
die Gerichtsmedizin in der Hauptstadt Asunción an.
„Mich hat die Reaktion des Präsidenten nicht überrascht“, sagte Miriam
Villalba. „Er folgt der gleichen Linie wie [der ehemalige Diktator] Alfredo
Stroessner, der der paraguayischen Bevölkerung so viel Schaden zugefügt
hat.“
Nach ihren Schilderungen wurden ihre Tochter und ihre Nichte in Argentinien
geboren. Beide lebten bei ihrer Oma in der Provinz Misiones. Sie selbst und
ihre Familie stammen aus Paraguay. Die Väter der beiden seien Mitglieder
der Guerilla. Sie selbst habe keinen Kontakt zum Vater.
Dennoch leide ihre Familie seit Jahren unter der Verfolgung des
paraguayischen Sicherheitsapparates. „Ihr größter Traum war es, ihre Väter
zu treffen“, so Villalba. Deshalb waren die zwei im vergangenen November
nach Paraguay gereist.
Aber die Rückkehr der Mädchen sei durch die Grenzschließung wegen der
Coronapandemie nicht möglich gewesen. Jetzt sollen im Laufe der Woche ihre
Leichname nach Misiones überführt werden.
## Guerillakampf mit Entführungen und Anschlägen
Die Gueriallaorganisaton Paraguayische Volksarmee ist seit Mitte der 1990er
Jahre aktiv. Die linke Gruppe agiert im Nordosten Paraguays und machte
bisher mit Entführungen und Anschlägen von sich reden. Sie wendet sich
gegen Großgrundbesitzer und deren Gewalt gegen Kleinbauern. Ihre
Mitgliederzahl wird auf 50 bis 100 Personen geschätzt.
Offizielle Verlautbarungen der Gruppe gibt es bisher nicht, auch nicht zu
dem aktuellen Vorfall. Internationale Aufmerksamkeit erregte die EPP
erstmals 2004 mit der Entführung von Cecilia Cubas, der Tochter des
früheren Präsidenten Raúl Cubas. Fünf Monate nach ihrer Entführung wurde
Cecilia Cubas tot aufgefunden.
Die letzte große Aktion der EPP war 2016, als bei einem Bombenanschlag auf
ein Militärfahrzeug acht Soldaten getötet wurden. Als Reaktion richtete die
Regierung eine Spezialeinheit ein, die jetzt auch den Angriff auf das Lager
durchführte.
Aufklärung über diesen Angriff fordert jetzt auch der Menschenrechtsrat der
Vereinten Nationen. [2][“Es handelt sich um einen sehr gravierenden
Vorfall“, erklärte Jan Jařab], Südamerika-Repräsentant des
UN-Menschenrechtskommissariats. Der Staat sei verpflichtet ist, die
Menschenrechte aller Mädchen, Jungen und Jugendlichen in seinem Land zu
schützen.
8 Sep 2020
## LINKS
[1] /Corona-Virus-auch-in-Lateinamerika/!5669994
[2] https://acnudh.org/paraguay-debe-esclarecer-muerte-de-dos-ninas-en-operativ…
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Paraguay
Militär
Guerilla
Paraguay
Kolping-Stiftung
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Paraguay
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