Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lieferprobleme wegen Corona: Einige Medikamente wurden knapp
> In der Pandemie gab es bei manchen Medikamenten zeitweilig Engpässe. Das
> Problem: Produziert wird weit weg und teils nur von wenigen Anbietern.
Bild: Ärztepräsident: „Wenn uns diese Mittel ausgehen, wäre das eine wirkl…
Bonn dpa | Patient*innen, die in der Apotheke ihr Medikament nicht
erhalten. Besorgte Ärzt*innen, die von bestimmten Impfstoffen zu wenig zur
Verfügung haben: Die [1][Coronapandemie] wirkt sich auch auf die
Gesundheitsversorgung aus. Sie habe Lieferengpässe für einige – auch
wichtige – Arzneimittel und Impfstoffe verschärft, beobachten manche
Expert*innen. So sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt, das Problem habe
durch die Pandemie mit ihren Handelsbeschränkungen „extrem zugenommen“. Die
Herstellung von Arzneimitteln und Wirkstoffen ist spezialisiert und
globalisiert, aus Kostengründen wird immer mehr etwa in China oder Indien
produziert – das [2][erweist sich nun als Problem].
Im Frühjahr sei man in Sorge gewesen, dass zentrale Substanzen wie Propofol
für künstliche Beatmung oder das in der Intensivmedizin nötige Adrenalin
knapp werden, schilderte Reinhardt von der Bundesärztekammer (BÄK) kürzlich
im Tagesspiegel. Und warnte: „Wenn uns diese Mittel ausgehen, wäre das eine
wirklich hochgefährliche Situation.“ Auch die Impfung gegen Pneumokokken,
die Lungenentzündung verursachen können, sei vorübergehend kaum möglich
gewesen. „Die Lieferengpässe bei Impfstoffen beunruhigen mich sehr.“ Die
Nachfrage sei in der Pandemie stark gestiegen – und das wird auch für
Grippe-Impfungen im Herbst erwartet.
Vor allem zu Beginn des Lockdowns war ungewiss, wie sich Lieferengpässe
entwickeln würden, berichtet der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller.
Inzwischen habe sich die Versorgungslage in Apotheken und Kliniken
entspannt. „Dennoch besteht weiterhin die Möglichkeit, dass es auch in
Zukunft zu versorgungsrelevanten Lieferengpässen von Arzneimitteln kommen
kann“, sagt BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz der Deutschen
Presse-Agentur.
Grundsätzlich sind Lieferprobleme wahrscheinlicher, wenn nur wenige
Anbieter ein bestimmtes Arzneimittel herstellen und vertreiben. Vom
Corona-Lockdown waren kurzfristig auch Hersteller in Norditalien und
Spanien betroffen, zudem waren die Importe von Wirkstoffen aus Indien und
China eingeschränkt. Planung, Herstellung und Auslieferung brauchen im
Schnitt rund sechs Monate, erklärt Cranz. „Die Produktion von Arzneimitteln
kann nicht einfach und quasi auf Zuruf umgestellt werden.“ Fällt ein
Hersteller aus, ist das nicht fix zu kompensieren.
## Hersteller in Europa halten
„Wenn wir für einen wichtigen Wirkstoff nur einen Produzenten haben und der
sitzt irgendwo, wo es zum Lockdown kommt, kann das schwerwiegende Folgen
auch für die Versorgung hier in Deutschland haben“, erläutert Martin Schulz
von der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Ein
Lieferengpass bedeute aber keineswegs immer, dass man Patien*innen nicht
mehr versorgen könne. „Zum Problem wird es, wenn etwa bei manchen
Krebsindikationen ein bestimmtes Mittel nicht bereitsteht, dann kann sich
die Prognose des Patienten durch verzögerte Behandlung verschlechtern“,
nennt der Experte ein Beispiel.
Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen
aktuell 317 Lieferengpassmeldungen vor (Stand 30.8.). Sie betreffen 138
Wirkstoffe, 87 von ihnen sind versorgungsrelevant, wie ein Sprecher
mitteilt. Schulz zufolge werden immer weniger versorgungskritische
Arzneimittel in der EU produziert. So spiele sich die
Antibiotika-Herstellung seit einigen Jahren zu gut 90 Prozent in Ostasien
ab.
In einem neuen Gremium sollen nun auch Wirkstoffe bestimmt werden, bei
denen die Industrie zu einer erhöhten Lagerhaltung verpflichtet werden
kann, berichtet Schulz, der für die ABDA in dem neuen Beirat vertreten ist.
Das gelte vor allem für Mittel, für die es kaum Alternativen gebe und die
in der Intensiv- und Notfallmedizin gebraucht würden. Es gehe auch darum,
zumindest die Hersteller, die noch in Europa sind, möglichst zu halten.
Auch für Impfstoffe birgt die Konzentration auf wenige Produzenten Risiken.
Beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI) heißt es: „Bleibt die Anzahl der
Impfstoffhersteller weiterhin begrenzt und greifen diese bei einzelnen
Impfkomponenten auf wenige Lieferanten zurück, ist zu vermuten, dass
weiterhin immer wieder Lieferengpässe auftreten werden.“ Die gute
Nachricht: Bei den Grippe-Impfstoffen sollen für die Saison 2020/21 größere
Mengen bereitstehen als in den Vorjahren – und laut PEI-Prognose wird das
auch bei größerem Andrang ausreichen.
Um trotz Lieferengpässen ein Problem bei der Versorgung zu verhindern, kann
man knappe Mittel kontingentieren – also in begrenzten Mengen abgeben. Wie
beim fiebersenkenden Schmerzmittel Paracetamol, wo es vorübergehend –
ähnlich wie beim Klopapier – eng wurde, weil sich manche übermäßig
eindeckten. In manchen Fällen könnten Ärzt*innen ihre Patient*innen auch
mit einem alternativen Medikament behandeln, sagt Schulz. „Aber das kann
auch mit neuen beziehungsweise anderen Risiken verbunden sein, zu denen der
Patient dann vom Arzt oder Apotheker beraten werden muss.“
7 Sep 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[2] /Folgen-des-Corona-Virus/!5664447
## TAGS
Medikamente
Apotheken
Medizin
Schwerpunkt Coronavirus
Schmerzen
Schwerpunkt Coronavirus
Polio
## ARTIKEL ZUM THEMA
Biologe über Herkunft des Coronavirus: „Wir sind Teil des Tierreichs“
Frettchen und Nerze können Wirte für das Coronavirus sein. Sie können es
auf Menschen übertragen, sagt der Chef des Friedrich-Loeffler-Instituts
Thomas Mettenleiter.
Mit Strom gegen den Schmerz: Abgeschwächtes Schmerzsignal
Mit elektrischen Signalen verdrängen Mediziner chronischen Schmerz. Neue
Technologien sollen die Behandlungen schonender machen.
Impfstoff gegen Corona: Alle Welt wartet
Während Covid-19 überall wütet, sichern die reichen Länder sich vorab
Impfstoffe. Doch vielleicht gibt es eine Lösung.
Sieg über Polio in Afrika: Impfkampagnen zahlen sich aus
Die WHO erklärt die Kinderlähmung in Afrika für überwunden. Das darf den
Blick auf die mangelhaften Gesundheitssysteme nicht verstellen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.