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# taz.de -- Erneut Coronatest-Probleme in Bayern: Von wegen 48 Stunden
> Bitte haben Sie Geduld! In sieben Tagen sind wir für Sie da. In Bayern
> müssen Reiserückkehrer tagelang auf ihr Ergebnis warten – schon wieder.
Bild: Corona-Testzentrum an der Autobahn 93 bei Kiefersfelden
München taz | Es ist der letzte Sonntag im August, so gegen 18 Uhr, als
Paul Martin mit seiner Familie zurück nach Deutschland kommt. Sie haben
einen Urlaub in der französischen Region Provence-Alpes-Côte d’Azur hinter
sich, – eine Gegend, die eine Woche zuvor vom Robert-Koch-Institut zum
Coronarisikogebiet erklärt worden ist. Auf dem Heimweg nach München nimmt
Familie Martin deshalb extra den Umweg über den Grenzübergang
Kiefersfelden, wo sich an der A93 eine der großen bayerischen Stationen
befindet, an denen man sich auf das [1][Coronavirus] testen lassen kann.
An der Teststation sei alles bestens organisiert gewesen, erzählt Martin,
der mit richtigem Namen anders heißt. Keine 15 Minuten habe die sehr
nutzerfreundliche Registrierung via Smartphone samt Test gedauert. Eine
Beobachtung, die sich mit Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums
vom Sonntag deckt: Trotz Tausender Reiserückkehrer, die sich hätten testen
lassen, sei es am Wochenende an den Teststationen kaum zu Wartezeiten
gekommen. Am Wochenende zuvor hatten Reisende dort teilweise mehrere
Stunden warten müssen.
Warten mussten Martin, seine Frau und die drei Kinder dann dennoch – zu
Hause. Dort angekommen, begaben sie sich brav in Quarantäne, baten den
Nachbarn, für sie Lebensmittel einzukaufen, und erwarteten das
Testergebnis. Bis zu 48 Stunden würde das in der Regel dauern, hatte es in
Kiefersfelden geheißen. Eine überschaubare Zeit; zwei Tage lang die Wohnung
nicht verlassen dürfen, das hält man schon mal aus.
Auch auf der Website des Ministeriums liest man: „Das Testergebnis wird
Ihnen, abhängig vom Aufkommen mitgeteilt. In der Regel dauert dies bei
elektronischer Übermittlung ca. 24 – 48 Stunden.“ Mit einer bösen
Überraschung rechnete die Familie ohnehin nicht: „Wir waren in den Bergen,
wirklich weit weg von allen.“
## Geheimtipp: Nochmal einen Test machen?
Doch bis Dienstagabend hatten die Martins noch immer keine Nachricht. Am
Mittwoch schließlich meldete sich Paul Martin mehrfach bei der Hotline des
Teststation-Betreibers Eurofins. Unabhängig voneinander teilten ihm die
Mitarbeiter nun mit, dass es nun etwa sieben Tage dauern würde, bis die
Testergebnisse vorlägen. Einer riet ihm sogar im Vertrauen, noch einen Test
beim Arzt machen zu lassen.
Was Martin an der Sache stört, ist weniger die Verzögerung als vielmehr die
mangelnde Transparenz. Er fürchtet, dass viele Menschen auf diese Weise das
Vertrauen in die staatlichen Maßnahmen verlören und in der Folge auch nicht
mehr bereit sein, sich an die vorgegebenen Regeln zu halten, etwa die
Quarantäneauflagen.
Versuche der taz, das Gesundheitsministerium für eine Stellungnahme zu
erreichen, scheiterten am Donnerstag. Die Telefonleitungen waren besetzt,
eine schriftliche Anfrage wurde bis zur Veröffentlichung dieses Textes
nicht beantwortet.
Sollte sich bestätigen, dass es bei den Tests in Bayern nun erneut zu
erheblichen Verzögerungen kommt, würde dies die Test-Politik der Regierung
von Markus Söder weiter ins Zwielicht rücken. Massive Pannen hatten dem
Image des Krisenmanagers bereits Mitte August deutliche Kratzer zugefügt.
Vor allem in Kiefersfelden und den beiden anderen bayerischen
Autobahn-Teststationen waren [2][Hunderte von Tests liegengeblieben]. Auch
positiv Getestete erfuhren mitunter nichts von ihrer Infektion.
Gesundheitsministerin Melanie Huml entschuldigte sich für die Pannen und
bot ihren Rücktritt an – [3][den Söder jedoch ablehnte].
Dem Debakel folgte bei den Teststationen ein Wechsel zum jetzigen Betreiber
Eurofins, und zunächst schien sich die Lage zu normalisieren. So kam eine
nichtrepräsentative Stichprobe des Bayerischen Rundfunks wenige Tage nach
dem Wechsel zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Getesteten zumindest in
weniger als 72 Stunden über das Testergebnis informiert worden seien.
Ausnahmen gab es jedoch auch zu diesem Zeitpunkt schon. So berichtete die
Website des „Oberbayerischen Volksblatts“ von einem Leser, der sich
gemeinsam mit seiner Frau in Kiefersfelden habe testen lassen. Während die
Frau am nächsten Tag ihr Ergebnis per Mail zugesandt bekam, erfuhr der Mann
auf Nachfrage, dass man seinen Test offensichtlich verloren habe.
Und auch andernorts scheint mit den Tests nicht alles rund zu laufen. Ein
Leser der taz berichtete von seiner Ankunft an dem kleinen bayerischen
Flughafen Memmingen. Da er aus dem Risikoland Albanien kam, musste der Mann
sich testen lassen. Vor dem Testzelt auf dem Flughafengelände habe sich
bereits im Freien eine lange Schlange gebildet.
Dann habe ein Regenschauer die Wartenden jedoch ins Zelt gezwungen, wo die
insgesamt rund 200 Passagiere dicht aneinander gedrängt etwa eine Stunde
ausharren hätten müssen. Er sei selbst Risikopatient, schreibt der Leser.
Sollte sein Testergebnis, positiv ausfallen, so sei das Testzentrum in
Memmingen der wahrscheinlichste Ort seiner Ansteckung gewesen.
Auch Paul Martin und seine Familie warten noch auf ihr Ergebnis. Inzwischen
haben sie bei einem Arzt in München einen zweiten Test machen lassen.
3 Sep 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Dominik Baur
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