# taz.de -- Spanien streitet über Ex-Innenminister: Franco schickt schöne Gr�… | |
> Ein spanischer Ex-Minister muss vor der argentinischen Justiz aussagen. | |
> Nun herrscht Streit über seine Rolle in den Jahren nach der | |
> Franco-Diktatur. | |
Bild: Umstrittene Figur: der ehemalige Innenminister Martín Villa | |
Welche Rolle spielte Rodolfo Martín Villa nach dem Tod des spanischen | |
Diktators Francisco Franco 1975? War der rechte Politiker einer der | |
Protagonisten des Übergangs zur Demokratie? Oder war der heute 85-Jährige | |
der letzte frankistische Innenminister des Landes? | |
Diese Frage beschäftigt Spanien, nachdem bekannt wurde, dass Martín Villa | |
am Donnerstag vor der argentinischen Ermittlungsrichterin María Servini per | |
Videoübertragung aus den Räumen der argentinischen Botschaft in Madrid | |
aussagte. | |
Schon seit 2014 ermittelt Servini gegen Martín Villa und 19 weitere | |
Würdenträger der Franco-Zeit wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit. Servini wurde tätig auf Initiative von Opfern der Diktatur | |
und unter Berufung auf das sogenannte Weltrechtsprinzip. Es geht um die | |
drei Jahre nach dem Tod Francos, die das Land brauchte, um sich eine | |
demokratische Verfassung zu geben. In Spanien wurde nie gegen Schergen und | |
Würdenträger der Diktatur ermittelt. Ihre Verbrechen wurden amnestiert. | |
Martín Villa, der einst der staatlichen Studentengewerkschaft und dann der | |
Einheitsgewerkschaft Druck und Papier vorstand, bekleidete in den ersten | |
beiden Nach-Franco-Regierungen verschiedene Ministerposten. In seiner | |
Amtszeit als Innenminister ging die Repression weiter wie gewohnt. | |
Insgesamt 13 Demonstranten starben durch Polizeigewalt. | |
Zu traurigem Ruhm gelangte Martín Villa durch den 3. März 1976, das | |
sogenannte „Blutbad von Vitoria“. Die Polizei stürmte damals eine Kirche in | |
der baskischen Stadt, in der 4.000 streikende Arbeiter versammelt waren. | |
Neben Tränengas und Schlagstöcken griffen die Beamten auch zu Feuerwaffen. | |
Fünf Streikende erlagen ihren Schussverletzungen. Über hundert wurden teils | |
schwer verletzt. | |
## Prominente Unterstützer | |
Zeitweilig wurde Martín Villa von Richterin Servini per internationalem | |
Haftbefehl gesucht. 2018 nahm sie diesen unter Druck höherer Instanzen | |
jedoch zurück. Die Vernehmung vom Donnertag dürfte kaum Neues gebracht | |
haben. Martín Villa, der es Anfang der 1980er zum Vizeregierungschef | |
brachte, bestand im Vorfeld einmal mehr auf seine wichtige Rolle beim | |
Übergang zur Demokratie. Er habe immer für „Aussöhnung der Spanier“ | |
gearbeitet. | |
Martín Villa, der nach seinem Rückzug aus der Politik unter anderem dem | |
Energieversorger Endesa vorstand, hat namhafte Unterstützer. Alle noch | |
lebenden Ex-Regierungschefs der spanischen Demokratie – Felipe González, | |
José María Aznar, José Luis Rodríguez Zapatero und Mariano Rajoy – | |
schickten Briefe an Servini. Gonzalez lobte Martín Villa „für seinen | |
Einsatz für die Rückkehr der Freiheiten für die Spanier“. Zapatero | |
verteidigte das Gesetz von 1977, das Verbrechen der Diktatur und die | |
Verantwortlichen für die Repression amnestierte, „als zentralen | |
Bestandteil des Paktes für den Übergang zur Demokratie.“ | |
Selbst Gewerkschafter schrieben an die Richterin, unter ihnen Antonio | |
Gutiérrez, von 1987 bis 2000 Generalsekretär der CCOO, zu deren illegalen | |
Vorgängerstrukturen viele der Opfer von Vitoria gehörten. „Jetzt danke ich | |
Martín Villa“, erklärte er. Die Vorwürfe gegen ihn seien „eine unhaltbare | |
Falschdarstellung seiner Karriere und des Übergangsprozesses zur | |
Demokratie“. Martín Villa habe „Gewalt vermieden, wann immer er konnte“. | |
Die Gewerkschaft reagierte umgehend. „CCOO hat mit dem Brief nichts zu tun. | |
Es handelt sich um eine persönliche Initiative, von der die Gewerkschaft | |
nichts wusste, und deren Inhalt sie nicht bewerten möchte“, hieß es. Wer | |
mit Mitgliedern und Funktionären redet, bekommt wesentlich weniger | |
diplomatische Worte zu hören. So mancher fordert gar den Ausschluss von | |
Gutiérrez. | |
3 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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