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# taz.de -- Olympiasieg einer Marokkanerin: Eine Revolution dauert 54 Sekunden
> Als die Marokkanerin Nawal El-Moutawakel 1984 in Los Angeles über 400
> Meter Hürden gewann, war dies historisch: die erste Araberin, die erste
> Muslimin.
Bild: Eine Ehrenrunde, kurz bevor der König anrief: Nawal El-Moutawakel in Los…
Als sie siegte, rief selbst der König an. Die Marokkanerin Nawal
El-Moutawakel hatte kein Auge zugetan vor dem olympischen Finale im
400-Meter-Hürdenlauf 1984, und sie trat als Außenseiterin an. Sie hatte
bloß auf einen Platz unter den ersten acht gehofft, erzählte sie später.
Erst ihr Trainer habe ihr vor dem Finale das Gefühl vermittelt, dass sie
gewinnen könnte.
Dann ging es schnell: „In 54 Sekunden wurde ich aus dem Nichts zur Heldin.“
Nawal El-Moutawakel war die erste Marokkanerin, die [1][olympisches Gold]
holte, die erste Frau aus einem arabischen Land, und die erste Muslimin.
Etwas, was sie selbst später nicht bescheiden „eine kleine Evolution und
eine kleine Revolution“ nannte.
Dann war König Hassan II. am Apparat. Er sagte, das Land stehe kopf. Er
forderte, alle an diesem Tag geborenen Mädchen in Marokko sollten Nawal
heißen. Offenbar, so Nawal El-Moutawakel, gibt es tatsächlich heute eine
Generation Nawal. Viele Frauen hätten ihr nachher geschrieben, dass sie sie
befreit habe.
Üblicherweise werden Sportlerinnen, die in dieser Kolumne auftreten, bei
ihren Erfolgen und Misserfolgen ignoriert, im schlechteren Falle bekämpft
oder diffamiert. Anerkennung kommt spät. Nicht so El-Moutawakel, und es ist
vielleicht bezeichnend für ihren Weg und das Leben der heute mächtigen
IOC-Dame, dass sie schnell einen Draht knüpfte zu denen von oben.
## Vorurteile gab es eher bei Olympia
Für ihren Welterfolg als 22-Jährige ließ sie viele Deutungen zu: für
Frauen, König, Nation. „Ich komme aus sehr bescheidenen Verhältnissen“,
sagte sie der [2][FAZ]. Und sie hat auch eine eher bescheidene Größe von
1,62 Metern. „Oft habe ich mich bei meinem Vater ausgeweint: Warum bin ich
zu kurz geboren? Die Deutschen und die Russinnen, mit denen ich laufe, sind
alle viel größer und viel stärker als ich. Und mein Vater sagte: Die besten
Geschenke kommen in kleinen Päckchen: ein Rubin oder ein Diamant.“
Dieser Vater jedenfalls war Judoka und förderte früh die Sportbegeisterung
seiner fünf Kinder, die alle auch Leichtathletik im Verein trieben, die
Mutter spielte Volleyball, war „taff und emanzipiert“. Und sie war Bankerin
– von so weit unten ist Nawal wohl eher doch nicht. Die erfolgreichste der
Töchter hatte das Privileg, aus einer progressiven, liberalen Familie zu
stammen.
Vorurteile kamen eher bei Olympia. Bei den Spielen von 1984 habe es in
Marokko keine Trainerinnen, Journalistinnen, keine anderen Frauen im
Olympiateam gegeben, sie fühlte sich „völlig einsam als einzige Frau in
einer totalen Männergesellschaft“. Und der globale Norden wunderte sich
laut, dass sie ohne Kopftuch laufe, mancher Journalist auch, dass es in
ihrem Land Fernsehen gäbe.
Nawal El-Moutawakel ging 1995 in die IAAF und danach ins [3][IOC], hatte
Posten als Sportministerin. Ihre guten Beziehungen zur Staatsmacht dürften
nicht abträglich gewesen sein. Sie wandelte da zwischen Aktivismus – sie
hat einen höchst populären Breitensportlauf für Frauen in Marokko
entwickelt – und freundlichen Bemerkungen für die, die Geld geben. Im
FAZ-Interview lobt sie in höchsten Tönen Katar und Saudi-Arabien und die
„völlige Harmonie“, mit der man ihr als einzelner Frau dort begegnete.
Der König von Marokko hat mittlerweile gewechselt. Nawal El-Moutawakel ist
Königin geblieben.
24 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=QJjkWOPb1Pw
[2] https://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/nawal-el-moutawakel-54-61-seku…
[3] https://www.olympic.org/ms-nawal-el-moutawakel
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Frauensport
Kolumne Erste Frauen
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