# taz.de -- Foto-Archiv für Berlins Geschichte: Bilder für die Bewegung | |
> Seit mehr als 30 Jahren dokumentiert das Umbruch Bildarchiv linke | |
> Proteste in Berlin. Nun ist die Sammlung von rund 150.000 Fotos | |
> gefährdet. | |
Bild: Aus dem Umbruch-Archiv: Proteste in der Liebigstraße 2011 | |
BERLIN taz | In dem bekannten Kreuzberger [1][Projekthaus Lause] 10, das | |
die Nutzer*innen gerade selber erwerben wollen, befindet sich im obersten | |
Stockwerk des Hinterhauses ein kleiner, vollgestopfter Raum. Regale und | |
metallene Schränke mit beschrifteten Schubladen stehen an den Wänden. | |
Hunderte Ordner mit Fotos finden sich darin. | |
Hier ist das Quartier des linken Umbruch Bildarchivs, für das | |
Fotograf*innen bereits seit 30 Jahren soziale und politische Brennpunkte | |
mit der Kamera festhalten: von den Hausbesetzungen der 1980er Jahre, der | |
Anti-Atomkraft-Bewegung, der Zeit der Wende in Berlin und der | |
Gentrifizierung bis hin zu Protesten gegen die Residenzpflicht für | |
Geflüchtete und die Situation in den Lagern an den europäischen | |
Außengrenzen. | |
Hermann Bach ist einer der sechs bis acht Fotograf*innen, die den Kern des | |
Umbruch Kollektivs bilden. Das Material, das das Archiv beherbergt, könne | |
man in gewöhnlichen Bibliotheken und Archiven so nicht finden, erzählt Bach | |
– auch, weil viele Leute selber in der linken Bewegung aktiv gewesen seien | |
und einen guten Zugang gehabt hätten. „Wir merken immer wieder, dass viele | |
vor allem jüngere Leute interessiert: Was war denn damals in den 1980er | |
Jahren los oder zur Wendezeit?“ Durch das Archiv könne ein Austausch | |
darüber entstehen. | |
Während anfangs nur Material zum Berliner Geschehen gesammelt wurde, sind | |
später immer mehr Aufnahmen von anderen Orten dazugekommen. So zum Beispiel | |
Aufnahmen des Projekts „Videofenster“, bei dem Geflüchtete ihre Situation | |
aus der eigenen Perspektive dokumentieren konnten. Die Größe des Archivs | |
schätzt Bach auf inzwischen etwa 150.000 Bilder aus aller Welt. | |
## Unabhängige Berichterstattung mit Fotos | |
Die Idee, „gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung“ etwas zu tun und | |
unabhängige Berichterstattung auch in Form von Fotos zu machen, entstand | |
1988. „Viele linke Gruppen haben große, mehrseitige Flyer verfasst, wo dann | |
ein ganz kleines Bild oben in der Ecke war“, erinnert sich Bach. Um an | |
diesen Bleiwüsten etwas zu ändern, schufen verschieden Fotograf*innen einen | |
gemeinsamen Pool an Bildern. „Zum einen, um die Bilder selber zu nutzen, | |
für eigene Veranstaltungen, Ausstellungen oder Plakate“, erzählt Bach, „v… | |
allem aber, um die Bilder der Bewegung zur Verfügung zu stellen.“ | |
Das Archiv begann als Firma, die ihrem unkommerziellen Zweck entsprechend | |
später in einen gemeinnützigen Verein umgewandelt wurde. Dieser finanziert | |
sich bis heute aus Spenden und zum kleineren Teil auch aus Bildverkäufen. | |
Heute finden immer wieder vom Archiv auf die Beine gestellte | |
Fotoausstellungen zu bestimmten Themen, wie „Zwangsräumung verhindern“, | |
statt. Ein großer Teil des [2][Archivmaterials] ist inzwischen auch online | |
offen zugänglich. | |
Durch gestiegene Kosten ist das Projekt derzeit bedroht. Um seine Arbeit | |
auch in Zukunft fortführen zu können, ist das Kollektiv auf Unterstützung | |
durch mehr Spender*innen angewiesen. Möglich ist das etwa über ihr Konto | |
bei der Postbank Berlin unter IBAN: DE40 1001 0010 0000 1981 00 BIC: | |
PBNKDEFF, Stichwort: Spende. | |
21 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kauf-der-Lause-10/11-in-Kreuzberg/!5685034 | |
[2] http://www.umbruch-bildarchiv.org | |
## AUTOREN | |
Greta Rothenpieler | |
## TAGS | |
Geschichte Berlins | |
Bewegung | |
Kreuzberg | |
Fotografie | |
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