# taz.de -- Anlauf der Vorratsdatenspeicherung: Druck auf den EuGH | |
> Der Europäische Gerichtshof hat noch nicht mal verhandelt. Doch Meck-Pomm | |
> will, dass die Bundesregierung die Einführung schon mal vorbereitet. | |
Bild: Die Vorratsdatenspeicherung soll Ermittlungen bei Kinderpornografie und H… | |
BERLIN taz | Mecklenburg-Vorpommern will, dass die Bundesregierung schon | |
vor einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Einführung der | |
Vorratsdatenspeicherung „vorbereitet“. Einen entsprechenden Antrag hat das | |
rot-schwarz regierte Land an diesem Freitag in den Bundesrat eingebracht. | |
Der Antrag ist symbolisch, denn die Vorratsdatenspeicherung ist bereits | |
seit 2015 in Deutschland Gesetz. Seitdem müssen Telefon- und Internetfirmen | |
eigentlich zehn Wochen lang anlasslos speichern, wer wann wen angerufen | |
oder angesimst hat und wer sich wann wie lange ins Internet eingeloggt hat. | |
Vier Wochen lang müssten zudem die Bewegungsdaten aller Handys gespeichert | |
werden. | |
Allerdings widerspricht eine derartige Speicherung von Daten der gesamten | |
Bevölkerung der Rechtsprechung des EuGH in Luxemburg. Dies hat das | |
Oberverwaltungsgericht Münster 2017 [1][kurz vor dem praktischen Start der | |
Vorratsdatenspeicherung in einem Einzelfall entschieden]. Die | |
Bundesnetzagentur setzte daraufhin die Vorratsdatenspeicherung in | |
Deutschland faktisch aus. Derzeit steht die anlasslose Speicherung der | |
Telefon- und Internetverkehrsdaten zwar im Gesetz, wird aber von den Firmen | |
nicht praktiziert. | |
Das Bundesverwaltungsgericht hat im September 2019 den EuGH gefragt, ob | |
seine strenge Ablehnung der anlasslosen Speicherung auch für die deutsche | |
Regelung gilt – die mit 10 Wochen kürzer ist als die Fristen anderer | |
EU-Staaten. Bisher hat der EuGH noch nicht einmal einen Verhandlungstermin | |
angesetzt. Ein Urteil wird sicher erst nächstes Jahr erfolgen. Es gibt auch | |
kein Indiz dafür, dass der EuGH eine zehnwöchige anlasslose Speicherung | |
aller Verkehrsdaten akzeptieren wird. | |
## Schwierige Lage für die Justizministerin | |
Der Antrag von Mecklenburg-Vorpommern dient also offensichtlich nur dazu, | |
Druck auf den EuGH auszuüben, indem auf Ermittlungsprobleme bei | |
Kinderpornografie und rechtsextremen Hassdelikten hingewiesen wird. Einen | |
ähnlichen Beschluss hat im Juni bereits die deutsche Innenministerkonferenz | |
gefasst – einstimmig, mit allen SPD-Ministern. | |
Christine Lambrecht, Bundesjustizministerin (SPD), verweist auf die | |
ausstehende EuGH-Entscheidung. Vorher könne man gar nichts machen. Für sie | |
ist die Lage nicht einfach. Innenminister Horst Seehofer (CSU) würde die | |
Frist gern vorsorglich auf sechs Monate verlängern. SPD-Parteichefin Saskia | |
Esken lehnt die Vorratsdatenspeicherung dagegen grundsätzlich ab. | |
20 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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