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# taz.de -- Aggressionen bei Hitze: Klimawandel steigert Gewalt
> Forscher erwarten, dass der Klimawandel zukünftig für noch mehr Konflikte
> sorgen wird – und eine Todesursache häufiger vorkommt: Mord.
Bild: Bei Demonstrationen „kommt es öfter zu Gewalt, wenn es wärmer ist“
Berlin taz | Hitze ist tödlich. [1][Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass
allein in Berlin im Jahr 2018 knapp 500 Menschen wegen der damaligen
Hitzewelle gestorben sind.] Das sind pro 100.000 Berliner 12 Menschen.
Insbesondere für sehr alte Personen kann Hitze lebensgefährlich sein.
Ursachen für einen hitzebedingten Tod seien Herz-Kreislauf-Störungen,
Nierenversagen, Atemwegserkrankungen und Schlaganfälle. Es gibt allerdings
noch eine weitere Todesursache, die bei Hitze gehäuft vorkommt: Mord. Eine
Studie aus Südafrika zeigt, dass mit jedem Grad Celsius die Mordrate um 1,5
Prozent steigt. Noch schlechter können Finnen mit hohen Temperaturen
umgehen. Dort steige demnach die Mordrate sogar um 1,7 Prozent mit jedem
zusätzlichen Grad Celsius.
Hitze macht Menschen aggressiv. Bei Demonstrationen „kommt es öfter zu
Gewalt, wenn es wärmer ist“, zeigt etwa eine andere Studie, in der
insgesamt 7.000 Demonstrationen in den USA ausgewertet wurden. Auch die
Zahl der Selbstmorde liegt bei warmem Wetter höher als bei kaltem, wie ein
12-Länder-Vergleich zeigt, der auch asiatische Länder umfasst. Für die
Mitglieder von Drogenkartellen in Mexiko steigt ebenfalls die Gefahr ihrer
Tätigkeit mit der Temperatur. Der „Appetit auf Gewalt“ nehme zu, resümier…
die Autoren einer anderen Studie.
Selbst der gemeine Verkehrsteilnehmer sieht sich bei steigenden
Temperaturen zusätzlicher Aggressivität ausgesetzt: Es gebe einen „linearen
Zusammenhang zwischen Hupen und steigender Temperatur“. Besonders
hupfreudig seien Fahrer mit offenem Fenster, zeigt eine Studie aus der
US-Großstadt Phoenix in der Sonora-Wüste.
## Auch Journalisten betroffen
Selbst Journalisten sind nicht immun gegenüber der Auswirkungen von
steigender Hitze. Bei den Olympischen Spielen in Peking im Jahr 2008 wurde
die Sprache von US-Journalisten analysiert. Mit steigender Hitze und
zunehmender Luftverschmutzung benutzten die US-Kollege auch immer mehr
„negative Wörter“, so eine weitere Studie. „Die Resultate liefern einen
Hinweis, dass die Entscheidungen von Journalisten von einer größeren
Vielfalt an Faktoren beeinflusst sein könnten als ursprünglich gedacht.“
Während der Zusammenhang zwischen Temperatur und Aggressivität gut
dokumentiert ist, besteht noch grundsätzlicher Forschungsbedarf
hinsichtlich der Ursache für diesen Zusammenhang. Vielen Menschen verdirbt
warmes Wetter offensichtlich die Laune. „Ein Tag mit Temperaturen über 32
Grad hat einen größeren Effekt auf das Wohlbefinden, als geschieden oder
verwitwet (im Vergleich zu verheiratet) zu sein“, zeigt ein Artikel aus dem
Journal für Glücklichkeitsstudien ([2][Journal of Happiness Studies]).
Umgekehrt müsste es uns also im Winter am besten gehen: „Niedrige
Temperaturen erhöhen die Zufriedenheit und reduzieren Müdigkeit und
Stress.“
## Ursache Serotonin
Ein Grund dafür könnte der Botenstoff Serotonin sein, wie die Studie über
die Aggressivität der Finnen zeigt. Dieser Botenstoff reguliert unter
anderem den Blutdruck, die Wahrnehmung, den Schlaf und auch die
Temperaturregulierung des Körpers. Außerdem sorgt Serotonin für gute Laune:
Der Stoff erzeugt ein Gefühl der Gelassenheit, der inneren Ruhe und
Zufriedenheit. Wie viel Serotonin der Körper produziert, hängt allerdings
vom Wetter ab. Im Juli ist die Serotoninproduktion am niedrigsten und im
Februar am höchsten.
Vor dem Hintergrund der Klimakrise lässt dies wenig Gutes für die
Kriminalitätsstatistik erwarten, warnen die Autoren der finnischen Studie.
„Ein Anstieg der durchschnittlichen Temperatur um 2 Grad würde die Rate an
Gewaltverbrechen in nichttropischen Gebieten um mehr als 3 Prozent
erhöhen.“
2 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2019/Ausgaben/23_19.pd…
[2] https://www.springer.com/journal/10902
## AUTOREN
Christian Mihatsch
## TAGS
Gewaltstatistik
Glück
Unglück
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Rassismus
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häusliche Gewalt
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