# taz.de -- Amateurfußball zu Coronazeiten: Den Fußballkindern fehlt der Kick | |
> Im Berliner Amateursport findet nur jeder zweite Spieltag statt. Das ist | |
> ungerecht und unnötig. Und vielen Kindern raubt es die Motivation. | |
Bild: Da geht noch mehr: Nachwuchsfußball in Berlin | |
Samstag, Sonne, schönstes Fußballwetter. Kinder im Glück. In ganz Berlin, | |
von Adlershof bis Zehlendorf, messen sich auch an diesem Wochenende | |
Tausende kleine Mbappés und Ronaldos mit Gegner*innen aus Buchholz, Mitte | |
oder Schmöckwitz. So lernen die Kids und ihre Elternfanklubs auch mal | |
andere Kieze kennen. Und alle kommen an die frische Luft. | |
Also alles super? | |
Keineswegs. Rund die Hälfte der Berliner Fußballkinder darf nicht dabei | |
sein. Für sie gilt Spielverbot. Der Berliner Fußball-Verband hat die Saison | |
für die meisten Amateur- und Jugendteams halbiert. Auf Druck der Behörden. | |
Um mehr Abstand zu schaffen, zeitlich zwischen Spielen und räumlich in | |
Kabinen. Die Spieltage werden auf zwei Wochen verteilt. Alle müssen | |
abwechselnd aussetzen und haben dadurch insgesamt nur noch halb so viele | |
Spiele. | |
Das klingt jetzt vielleicht nicht direkt nach einem Menschenrechtsverstoß. | |
Und wegen Corona ist ja nichts normal. Also: Halb so viele Spiele – halb so | |
wild? | |
Von wegen. Die Empörung ist groß. Der leibhaftige „Icke“ Häßler, früher | |
Weltmeister und heute Trainer des BFC Preußen, spricht vom [1][„Tod des | |
Berliner Amateurfußballs“]. Andere drohen mit Streik, und für Donnerstag | |
wurde eine „Mahnwache“ vor dem Abgeordnetenhaus angekündigt. Haben die | |
Fußballverrückten endgültig den Verstand verloren? Leugnen sie Corona, | |
wollen sie nur wieder Sonderrechte für „König Fußball“? | |
Keineswegs. Das monatelange Komplettverbot im Lockdown haben die 170.000 | |
Berliner Fußballer*innen klaglos akzeptiert. Auch jetzt würden sich die | |
meisten fügen, wenn die Regeln nachvollziehbar wären und für alle gelten | |
würden. Doch 70 Minuten Pause zwischen den Spielen versteht niemand. Statt | |
in Kabinen könnte man sich auch im Freien umziehen. Den Ärger verstärkt, | |
dass die höheren (Profi-)Ligen das volle Programm spielen dürfen, sogar mit | |
bis zu 5.000 Fans im Stadion. Im Berliner Amateur- und Jugendbereich jedoch | |
wird ausgerechnet der angeblich so lobbystarke Lieblingssport der Deutschen | |
benachteiligt. Während sogar Hallen- und Kontaktsportarten wie Hand- und | |
Basketball wieder starten, müssen die Freiluft-Kicker*innen kürzer treten. | |
Und zwar heftig. | |
Halbe Saison, das bedeutet für viele nur zehn, für die Kleinsten nur sechs | |
Spiele im Jahr. Für Reservist*innen vielleicht nur wenige Spielminuten. | |
Keine gute Motivation, um weiter zu trainieren. Viele könnten die Lust | |
verlieren. Das wäre schlecht für Gesundheit, Teamgeist und soziales Leben. | |
4.500 Menschen haben deshalb die [2][Petition „Berlin, erlaub uns zu | |
spielen“] unterschrieben. | |
Und was sagt der Sportsenator? Andreas Geisel (SPD) hat durchaus ein Herz | |
für Fußball. Als sein geliebter [3][FC Union wieder vor 25.000 Fans spielen | |
wollte], äußerte Geisel Verständnis und bot Gespräche an. Auf ein ähnliches | |
Zeichen warten die Amateure bisher vergeblich. Aber die Kinder können ja | |
auch zu Hause bleiben und „Fifa mobile“ auf dem Smartphone spielen. | |
11 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Mannschaftssport-in-Berlin-verboten/!5694402 | |
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/sport-ist-unser-leben-berlin-er… | |
[3] /Bundesligafussball-wieder-vor-Publikum/!5708305 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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