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# taz.de -- UN-Bericht zu globaler Biodiversität: Kein einziges Ziel erreicht
> Die Biodiversitätskonvention zeigt, wie schlecht es um den Artenschutz
> bestellt ist. Für das Folgeabkommen schlägt sie breite Transformationen
> vor.
Bild: Nicht alle haben das Glück, wie er vor dem Aussterben bewahrt zu werden:…
Die UN-Dekade der Biodiversität geht zu Ende – aber die internationale
Staatengemeinschaft hat es versäumt, den dramatischen Verlust der Vielfalt
des Lebens zu stoppen. Keines der zwanzig Ziele der
Biodiversitätskonvention für die Zeit von 2011 bis 2020 wurde voll
erreicht, sechs von ihnen immerhin teilweise. Das ist das ernüchternde
Ergebnis des fünften Berichts zur Vielfalt an Arten, Genen und Ökosystemen,
dem „Global Biodiversity Outlook“, der am [1][Dienstag von den Vereinten
Nationen veröffentlicht] wurde.
„Die Menschheit steht an einem Scheideweg“, heißt es darin. „Der Verlust
der Biodiversität und dessen Ursachen schreiten in beispielloser
Geschwindigkeit voran.“ Ändere sich daran nichts, würden auch die UN-Ziele
für nachhaltige Entwicklung nicht erreicht – mit fatalen Auswirkungen für
Natur und Mensch. Der Report gilt als Flaggschiff der
Biodiversitätskonvention.
Dass die 2010 beschlossenen Ziele bis zur Frist in diesem Jahr nicht
erreicht wurden, ist keine Überraschung. Bereits der letzte
UN-Biodiversitätsbericht von 2014 hatte gezeigt, dass die global
umgesetzten Artenschutzbemühungen bei Weitem nicht ausreichen. Auch der
2019 erschienene Report des Weltbiodiversitätrats IPBES hatte in
alarmierender Weise klargemacht, dass die Vielfalt des Lebens auf der Erde
akut bedroht ist.
Der aktuelle „Global Biodiversity Outlook“ betont dennoch einige
Lichtblicke. So ist die Fläche der Schutzgebiete an Land und im Meer auf 15
beziehungsweise 7 Prozent gestiegen, die Umsetzung des Nagoya-Protokolls
gegen Biopiraterie ist angelaufen, und mit 85 Prozent hat die große
Mehrheit der 196 Vertragsstaaten ihre nationalen Biodiversitätsstrategien
aktualisiert.
## Magere Fortschritte
Umweltverbände und NGOs kritisieren jedoch, dass die nationalen Ziele meist
hinter denen der Biodiversitätskonvention zurückbleiben und zudem nicht
konsequent umgesetzt werden. Nicola Uhde, Expertin für internationale
Biodiversitätspolitik beim BUND, findet es erschreckend, wie mager die
Fortschritte ausfallen.
Dass das Bewusstsein für Biodiversität zunehme, mehr Geld für Naturschutz
ausgegeben werde oder Arten wie Waldrapp oder Pardelluchs vor dem
Aussterben bewahrt wurden, sei zwar zu begrüßen. „Aber das reicht
angesichts einer Million bedrohter Arten bei Weitem nicht aus“, so Uhde.
Dass weniger Wald abgeholzt wurde, wie der Bericht lobend betont, liege
auch daran, dass es davon inzwischen weniger gibt.
Der Bericht ist auch Grundlage und Appell, die nächste Dekade besser zu
nutzen und sich nicht nur auf die Umweltministerien zu verlassen. Ein Novum
sieht Axel Paulsch vom Institut für Biodiversität in den acht am Ende des
Dokuments angeführten Transformationsbereichen. Sie sollen zeigen, was
geschehen muss, um den Trend umzukehren. „Das ist konkreter als bisher und
könnte helfen, die Ziele für die nächsten zehn Jahre effektiver zu
gestalten“, so Paulsch.
Für den Artenschutz nach 2020 ist ein Folgeabkommen in Arbeit. [2][Corona
hat allerdings zu Verzögerungen geführt]. Die Verhandlungen zwischen den
Staaten laufen derzeit weiter, soweit die Pandemie das zulässt. In
Fachkreisen geht man inzwischen davon aus, dass der Termin für das
entscheidende Gipfeltreffen in China noch einmal verschoben wird.
Vermutlich wird es erst im Oktober 2021 so weit sein.
## Auch Genmanipulation ist ein Thema
Dabei wird es nicht nur um Arten- und Naturschutz im klassischen Sinne
gehen. Mareike Imken von der NGO Save Our Seeds beispielsweise hat vor
allem die Risiken neuer gentechnischer Verfahren für die Artenvielfalt im
Blick. Sie setzt sich gegen die sogenannte Gene Drive-Technologie ein –
eine neue Methode der Gentechnik, die künftig das Erbgut wildlebender Arten
manipulieren soll.
Unter anderem will [3][die Bill and Melinda Gates Foundation diese
einsetzen, um malariaübertragende Mücken auszurotten]. Zwar existieren
inzwischen [4][internationale CBD-Vorsorgemaßnahmen], nach denen Derartiges
nur unter vorheriger Umweltrisikobewertung und unter Zustimmung der lokalen
Bevölkerung passieren soll. „Es ist aber gar nicht abschließend erforscht,
wie weitreichend mögliche Umweltschäden sein werden“, warnt Imken.
Beim Gipfeltreffen im nächsten Jahr soll außerdem die Rolle Indigener beim
Artenschutz verhandelt werden. Es wurde festgestellt, dass in den Regionen,
die von Einheimischen betreut werden, der Artenschwund weniger drastisch
ist. Naturschutz im Globalen Süden zu fördern, sei aber nicht ausreichend,
betont Nicola Uhde vom BUND. „Wir reichen Industrienationen müssen
aufhören, unsere Naturzerstörung zu exportieren, also unseren ökologischen
Fußabdruck radikal verringern.“
16 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.cbd.int/gbo5
[2] /Abgesagtes-Jahr-der-Biodiversitaet/!5677431/
[3] /Kampf-gegen-Stechmuecken/!5614762&s=malaria+bill+gates/
[4] /Vor-Biodiversitaetskonferenz-in-Aegypten/!5546875&s=/
## AUTOREN
Andrew Müller
## TAGS
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