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# taz.de -- Mali nach dem Putsch: Schnell zusammenraufen
> Die zivile Protestbewegung will mit den Militärputschisten
> zusammenarbeiten. Im Gespräch ist eine gemeinsame Übergangsregierung.
Bild: Die zivile Protestbewegung fordert auch von der Ecowas mehr Verständnis …
Cotonou taz | Zwei Tage nach dem [1][Umsturz in Mali] scheint es, als seien
sich alle einig. Die Protestbewegung M5-RFP (Bewegung des 5. Juni /
Sammlung der Patriotischen Kräfte), die monatelang gegen Präsident Ibrahim
Boubacar Keïta (IBK) demonstriert hatte, kann sich gut eine Zusammenarbeit
mit der Militärjunta CNSP (Nationalkomitee zur Rettung des Volkes)
vorstellen, die IBK am Dienstag abgesetzt hatte. In einer Pressemitteilung
erklärt M5-RFP, dass sie sich in der Pflicht sehe, den politischen Übergang
für ein „demokratisches, republikanisches und säkulares Mali“
mitzugestalten.
Das ist eine deutliche Botschaft. Bekanntester Anführer der Protestbewegung
war bislang der religiöse Führer [2][Imam Mahmoud Dicko] gewesen. Der hat
öffentlich zwar stets den säkularen Staat betont, kam jedoch während seines
Studiums in Saudi-Arabien in Kontakt mit dem Wahhabitentum, und immer
wieder wurden ihm Ambitionen auf das höchste Staatsamt in Mali nachgesagt.
Dem hat er nun eine Absage erteilt: Er stehe nicht für eine
Präsidentschaftskandidatur zur Verfügung, sagte Dicko schon am
Dienstagabend; wenig später kündigte er an, die aktuelle Situation den
Politiker*innen überlassen zu wollen.
Aber welchen? Malis größte Oppositionspartei URD (Union für Republik und
Demokratie) nimmt Keïtas Rücktritt in einer Erklärung zur Kenntnis: Er habe
den „legitimen Forderungen des malischen Volkes nicht aufmerksam zugehört“.
Doch wenn es schon der bisherigen Regierung nicht gelungen sei, den kurz
vor der Parlamentswahl im März entführten KURD-Chef [3][Soumaïla Cissé]
freizubekommen – er hatte 2013 und 2018 zweimal die Präsidentenstichwahl
gegen Wahlsieger Keïta verloren – müsse das nun die Militärregierung tun.
Die URD und vor allem Cissé werden jedoch in Mali ebenfalls zur alten
diskreditierten Machtclique gezählt, die in den vergangenen Jahren keine
nennenswerte Oppositionsarbeit betrieb.
## Neuwahlen im Jahr 2021?
Die Militärs haben sich derweil bereiterklärt, gemeinsam mit zivilen
Politikern eine politische Neuordnung einzuleiten, ein wenig wie im Sudan.
Ein 15-Punkte-Plan, der seit Mittwochabend zirkuliert, sieht einen
zivil-militärischen Übergangsrat vor, der die Funktionen von
Staatspräsident und Parlament übernehmen und eine Übergangsregierung
benennen solle, die freie Wahlen vorbereiten soll. Kein Mitglied der
Übergangsinstitutionen soll zu den Wahlen antreten dürfen. Am 25. Mai 2021
soll ein neugewählter Präsident sein Amt aufnehmen. Es ist allerdings
unklar, ob dieser Plan die offizielle Haltung des CNSP darstellt.
Der CNSP hatte in seiner Pressekonferenz am Mittwoch, als er Oberst Assimi
Goita als seinen Präsidenten vorstellte, erneut betont, dass der Coup
völlig unblutig abgelaufen sei. Dem widerspricht mittlerweile die
Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI): Vier Menschen sollen
getötet und 15 verletzt worden sein.
## Internationale Ablehnung einhellig
Auf internationaler Ebene hält die Kritik am Staatsstreich weiter an.
UN-Generalsekretär António Guterres sowie der UN-Sicherheitsrat
verurteilten ihn ausdrücklich und betonten die „dringende Notwendigkeit,
die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen und auf die Rückkehr zur
verfassungsmäßigen Ordnung hinzuarbeiten“.
Die massivste Kritik äußert die westafrikanische Regionalorganisation
[4][Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft)], deren
Mitgliedstaaten teilweise vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie Mali.
Sie haben Mali von allen Gremien suspendiert und alle Grenzen zu dem Land
geschlossen. Auch die Afrikanische Union (AU) hat Malis Mitgliedschaft
suspendiert.
Das wiederum stößt auf Ärger bei Malis ziviler Protestbewegung. In ihrer
Erklärung fordert die M5-RFP „die Ecowas, die Afrikanische Union und die
internationale Gemeinschaft auf, die Situation in Mali besser zu verstehen
und das malische Volk bei seinem Streben nach Frieden und nationaler
Versöhnung zu unterstützen“.
20 Aug 2020
## LINKS
[1] /Staatsstreich-in-Mali/!5702846/
[2] /Umsturz-in-Mali/!5703938/
[3] /Mali-nach-der-Parlamentswahl/!5680704/
[4] /Krise-in-Mali/!5699382/
## AUTOREN
Katrin Gänsler
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Schlagloch
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