# taz.de -- Johnsons Verhandlungstaktik Brexit: Zu früh eskaliert | |
> Premier Boris Johnson setzt der EU ein Brexit-Ultimatum. Das soll wohl | |
> schneidig wirken, ist langfristig aber ein eher ziemlich dämliches | |
> Manöver. | |
Bild: Deal or no deal? Johnson setzt immer noch auf die harte Kante | |
Ein weiser Rat lautet: Niemals eskalieren! Denn es ist schwer, von | |
Maximalforderungen wieder abzurücken, ohne sein Gesicht zu verlieren. Doch | |
ausgerechnet Politprofi Boris Johnson verstößt gegen diese eherne Regel der | |
Diplomatie. Der britische Premier überraschte mit dem Ultimatum, dass die | |
[1][Brexit-Gespräche] mit der EU bis zum 15. Oktober abgeschlossen sein | |
müssten. Sonst sehe er nicht, „dass es ein Freihandelsabkommen zwischen uns | |
geben wird“. | |
Auch die EU hat immer betont, dass das Handelsabkommen bis Ende Oktober | |
stehen müsste, damit es rechtzeitig von allen Parlamenten ratifiziert | |
werden kann. | |
Doch hat die EU stets ein Türchen offen gelassen, um weiterverhandeln zu | |
können. Diese Option hat Johnson jetzt ausgeschlagen: Er redet von einem | |
Weg „wie Australien“, doch Australien hat kein Handelsabkommen mit der EU. | |
Mit seinem Ultimatum markiert Johnson den starken Mann, was bei seinen | |
Wählern kurzfristig beliebt sein mag – langfristig aber überaus dämlich | |
ist. Denn Johnson präsentiert sich damit als idealer Sündenbock – für die | |
eigenen Wähler. Noch spüren die Briten fast nichts vom Brexit, weil das | |
Land [2][bisher zum Binnenmarkt] gehört. Doch Ende des Jahres ist diese | |
Übergangsphase vorbei, was die [3][britische Wirtschaft] hart treffen wird, | |
die bereits durch Corona um 10 Prozent eingebrochen ist. | |
Die Briten werden nach einem Schuldigen für diese Misere suchen. Wenn | |
Johnson schlau wäre, würde er der EU die angebliche Schuld zuschieben. Doch | |
dieses Manöver ist versperrt, wenn er allzu früh Ultimaten ausstößt. Denn | |
nun kann sich Brüssel als konziliant inszenieren. Nach dem Motto: „Wir | |
wollten verhandeln, sind aber an Johnson gescheitert.“ Das „Blame Game“ i… | |
gewonnen, bevor es begonnen hat. | |
Johnson erinnert an FDP-Chef Christian Lindner, der ebenfalls zu früh | |
eskalierte: 2017 stieg er einseitig aus den Verhandlungen für eine | |
Jamaika-Koalition aus – was Union und Grüne nutzten, um ihm die | |
Alleinschuld am Abbruch der Gespräche zu geben. Seither dümpelt die FDP in | |
den Umfragen bei 5 Prozent. | |
7 Sep 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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