# taz.de -- Irritationen wegen Kündigung: Christen gegen Christen | |
> Die Bremische Evangelische Kirche hat eine afrikanische Gemeinde auf die | |
> Straße gesetzt, weil sie an die koptisch-orthodoxe Kirche verkaufen will. | |
Bild: Der koptische Bischof Anba Damian bei der Arbeit | |
Bremen taz | Pastor Sunday Raphael Olabisi ist „ratlos“. Seine afrikanische | |
Christen-Gemeinde ist ab 1. September heimatlos. Vertrieben von der | |
Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) – zugunsten von koptischen | |
ChristInnen. | |
Seit 2018 nutzt die afrikanische Worshipper-Gemeinde das ehemalige | |
Gemeindehaus der evangelischen Versöhnungsgemeinde in Hemelingen, einen | |
sanierungsbedürftigen 50er-Jahre-Bau in der Christernstraße. Sie wollten | |
die Immobilie, für die sie derzeit nach Angaben der Zwischenzeitzentrale | |
([1][ZZZ]) monatlich 650 Euro Miete bezahlen, nach eigenen Worten auch | |
kaufen – die Rede ist von 420.000 Euro. Seine Gemeinde habe auch das nötige | |
Geld, versichert Olabisi. | |
Doch nun soll das Gemeindehaus, zu dem auch die ehemalige Küsterwohnung | |
gehört, an die koptisch-orthodoxe Kirche verkauft werden. Deren Priester | |
ist schon eingezogen, wie der zuständige Bischof Anba Damian bestätigt. | |
Eigentlich dachte Pastor Olabisi, er könnte hier mit seinen fünf Kindern | |
wohnen. Nun, sagt er, wisse er nicht mal, wohin mit all den Sachen seiner | |
Gemeinde. Oder wo die sich treffen soll. „Das ist alles schwer | |
verständlich“, sagt Olabisi. | |
Bis zum Herbst 2018 saß seine Gemeinde in einer alten Lagerhalle neben | |
einem Swingerclub, erzählt Daniel Schnier von der ZZZ – der hat den | |
Worshippern das Gemeindehaus zur Zwischennutzung vermittelt, mit der Hilfe | |
des Hemelinger Ortsamtsleiters Jörn Hermening. Damals schon war klar, dass | |
dieses Gebäude verkauft werden würde. An die afrikanische Gemeinde – | |
dachten Schnier und Olabisi. „Die Infrastruktur da ist perfekt“, sagt | |
Schnier: „Das werden die nie wieder finden.“ 170 Mitglieder zähle die | |
Gemeinde, sagt der Pastor. Zu Gottesdiensten kämen auch mal 200 Menschen. | |
Im vergangenen Dezember traf sich Schnier mit VertreterInnen der Worshipper | |
und der BEK, erzählt der ZZZ-Sprecher – im Franziuseck, wo die Bremische | |
Evangelische Kirche ihren Sitz hat. Empfangen worden sei man trotz der | |
Kälte aber nur im Flur, neben dem Kaffeeautomaten – angeblich, weil es kein | |
Besprechungszimmer gegeben habe. So erzählt es Daniel Schnier. „Das war | |
krass“, sagt er, und „sehr befremdlich“. | |
Er habe „das Gefühl“, dass die BEK ihre Immobilie nie habe an seine | |
Gemeinde verkaufen wollen, sagt Olabisi: „Die nehmen uns nicht ernst.“ | |
Zuletzt bat er um eine kurze Fristverlängerung für den Auszug – das wurde | |
abgelehnt, so Olabisi. Stattdessen kam der Hinweis, dass die | |
EigentümerInnen auch das Recht hätten, die Schlösser am Gemeindehaus | |
auszutauschen. | |
Matthias Dembski von der BEK spricht von „fortgeschrittenen | |
Verkaufsverhandlungen“ und einem „transparenten Verfahren“. Zum Kauf geh�… | |
auch „eine tragfähige Finanzierung“, so Dembski, ein „schriftliches | |
Kaufangebot als ernsthafte Interessenbekundung“ der Worshipper sei bei der | |
BEK aber „zu keinem Zeitpunkt eingegangen“. Nicht mal einen | |
unterschriebenen Mietvertrag habe es gegeben. Die Nutzung sei aber zwei Mal | |
verlängert und zwei Mal „ordentlich gekündigt“ worden. „Dass die | |
Nutzungsmöglichkeit nun tatsächlich beendet wird, kann niemanden | |
überraschen“, so Dembski. | |
Die Worshipper-Gemeinde habe „mehrfach auf ihr Kaufinteresse hingewiesen“, | |
sagt indes Schnier. Und ob die [2][koptisch-orthodoxe Kirche] je hier | |
einziehen wird, ist bislang noch völlig unklar: Diözesanbischof Anba Damian | |
aus dem koptischen Kloster in Höxter-Brenkhausen bestätigt zwar sein | |
Interesse an der Immobilie in Hemelingen. Das Geld habe er aber nicht | |
zusammen. Man sammele Spenden, sagt Damian auf Nachfrage: „Keine Gemeinde | |
hat das Geld schon in der Tasche.“ | |
Derzeit ist die koptisch-orthodoxe Kirche nur zu Gast bei einer anderen | |
Gemeinde. Dabei gebe es schon seit 40 Jahren eine koptische Gemeinde in | |
Bremen, sagt Damian, 70 Familien gehörten dazu, zuzüglich jenen, die noch | |
zu der altorientalischen Kultgemeinschaft gehören. Kontakt zu der | |
afrikanischen Gemeinde von Pastor Olabisi habe er keinen, sagt der Bischof: | |
„Ich weiß, dass dort gebetet wird.“ Einmal seien die neuen | |
KaufinteressentInnen zur Besichtigung gekommen, erzählt wiederum Olabisi. | |
Während des Gottesdienstes. | |
Dass er überhaupt mal den Grundriss und die Pläne des Gemeindehauses zu | |
sehen bekam, verdankt der Pastor dem Hemelinger Ortsamtsleiter, erzählt | |
Olabisi – die BEK habe sie ihm nicht direkt geben wollen, nur Jörn | |
Hermening. | |
## „Abwehr unter dem Deckmantel des Zuhörens“ | |
„Die wurden nie ernst genommen“, sagt Schnier, der vermitteln will: „Das | |
ist Abwehr unter dem Deckmantel des Zuhörens.“ Schnier wirft der BEK | |
mangelnde Transparenz vor und ein „sehr fragwürdiges“ Gebaren. Von | |
Rassismus bei der BEK will er nicht sprechen: „Eine christliche Vereinigung | |
sollte nicht rassistisch sein“, sagt er nur. Zwar habe ihm die BEK | |
zugesichert, „auf jeden Fall“ helfen zu wollen, sagt Olabisi. Passiert sei | |
dann aber nichts. Derzeit könne die BEK der Worshipper-Gemeinde „keine | |
Ersatzräume anbieten“, sagt Dembski. | |
Vielleicht sind die Vorbehalte gegen die Worshipper eher andere – ihre | |
Gottesdienste sind nicht nur lang, sondern dank Schlagzeug auch mal laut. | |
Es gab deshalb schon Beschwerden von NachbarInnen, die sich in ihrer | |
Sonntagsruhe gestört fühlten, der [3][Weser-Kurier berichtete]. Auch Kopten | |
feiern lange Gottesdienste. Aber eben leiser. | |
Jetzt ist Ruhe: Am Montag musste Olabisi seine Schlüssel abgeben. | |
1 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.zzz-bremen.de/blog/ | |
[2] https://www.koptisches-kloster-brenkhausen.com/ | |
[3] https://www.weser-kurier.de/bremen/stadtteile/stadtteile-bremen-suedost_art… | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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