# taz.de -- Gewaltvorfall im Kinderheim: Kein sicherer Ort | |
> Der Vorfall im Kinderheim zeigt: Auch gut geführte Wohngruppen sind kein | |
> Paradies. Doch könnten Personalschlüssel besser und Gruppen kleiner sein. | |
Bild: Der Streit im Kinderheim eskalierte beim Computer-Spiel | |
Es wäre nicht richtig, bei [1][diesem Fall] den Stab zu brechen. Sicher | |
ist, die Wohngruppe hätte das Kind zur Abklärung der Verletzungen ins | |
Krankenhaus oder zum Kinderarzt bringen müssen. Die Empörung des Vaters ist | |
verständlich. Wenn der Staat sagt, er kann es besser, und das Kind erzieht, | |
muss er für dessen Schutz sorgen und nicht von Unfall reden. | |
Doch auch die Reaktion der Erzieher, das weinende Kind zur Mutter zu | |
bringen, scheint erst mal menschlich nachvollziehbar. Sie hätten beides tun | |
müssen: Kind zum Arzt und zur Mutter. Aber dann waren da wohl auch noch die | |
anderen Kinder und die Personaldecke am Freitagnachmittag nicht üppig. Die | |
Aufmerksamkeit des Betreuers fehlte in einem wichtigen Augenblick. | |
Schleswig-Holstein erlaubt Wohngruppen mit zehn Plätzen für Kinder von | |
sechs bis 18 Jahre, schreibt dafür mindestens 4,6 Fachkräfte zuzüglich Ruf- | |
und Nachtbereitschaft vor. Zehn ist viel und es gibt bessere | |
Personalschlüssel. | |
Dass ein Kind durch ein anderes verletzt wird, lässt sich nicht zu 100 | |
Prozent verhindern. Die Ausrichtung der Heime allein auf totale Sicherheit | |
hätte negative Folgen für den Alltag. Trotzdem dürfte es nicht passieren. | |
Der Fall macht deutlich, was schon länger in der Debatte ist: Dass eben die | |
Herausnahme eines Kindes aus seiner Familie nicht alle Probleme löst; dass | |
es immer eine schwierige Abwägungsentscheidung ist, was für ein Kind das | |
Beste ist. Denn auch gut geführte Wohngruppen sind kein sicheres Paradies. | |
Und wo Kinder, die jeweils ihren Kummer haben, zusammenkommen, können sich | |
Probleme verstärken. Es können Erfahrungen sein, die Kindern schaden. | |
Betroffen ist hier ja auch das Kind, das die Einrichtung verlassen musste. | |
Der Fall zeigt, dass es richtig ist, wenn Hamburg wohnortnahe Hilfen für | |
Familien als Alternative zur Wohngruppe auf dem Land ausbaut. Und er zeigt | |
auch, dass es Situationen gibt, in denen Familien, die Unterstützung des | |
Jugendamtes bekommen, kompetenter agieren als die Profis. Ach ja, und die | |
Erreichbarkeit der Hamburger Heimaufsicht ist ausbaufähig. | |
2 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gewalt-in-Jugendhilfe-Einrichtung/!5706538 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Kinder | |
Gewalt gegen Kinder | |
Jugendhilfe | |
Bezirk Hamburg-Mitte | |
Schleswig-Holstein | |
Jugendhilfe | |
Jugendamt | |
Jugendhilfe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gewalt in Jugendhilfe-Einrichtung: Gefahr in der Wohngruppe | |
In einer Wohngruppe vor Hamburg wurde ein Junge von einem anderen Kind am | |
Kopf verletzt. Die Erzieher kümmerten sich nicht um einen Arzt. | |
Wegen neuer Gehaltsstufen: Protest im Jugendamt | |
Die Fachkräfte der Allgemeinen Sozialen Dienste in Hamburg sind seit Januar | |
in einer niedrigeren Gehaltsstufe. Nun gehen sie auf die Barrikaden. | |
Debatte um Kinderschutz: Jugendämter überlastet | |
Trotz 75 zusätzlicher Stellen herrscht bei den Allgemeinen Sozialen | |
Diensten ein Kommen und Gehen. Enquetekommission plant Mitarbeiterbefragung |