| # taz.de -- Wirecard-Skandal: Kommt der Untersuchungsausschuss? | |
| > Der Finanz- und der Wirtschaftsminister stellten sich den Fragen des | |
| > Finanzausschusses. Mit den Antworten zeigen sich viele Fachpolitiker | |
| > unzufrieden. | |
| Bild: Minister Olaf Scholz beim Finanzausschuss: Es blieben Fragen offen | |
| BERLIN dpa | Bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals sehen | |
| Oppositionspolitiker auch nach einer Sondersitzung des Finanzausschusses | |
| noch viele Fragen offen. Der [1][Auftritt von Finanzminister Olaf Scholz | |
| (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)] sei kein „großer | |
| Befreiungsschlag“ gewesen, sagte die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus. | |
| „Wir stehen immer noch am Anfang der Aufklärung.“ Es werde sicher noch | |
| weitere Sitzungen geben müssen. | |
| FDP, Linke und Grüne ziehen nach der Sondersitzung weiterhin einen | |
| Untersuchungsausschuss in Erwägung. Die Sitzung habe deutlich gemacht, dass | |
| es noch viel zu besprechen gebe, sagte der FDP-Abgeordnete Florian Toncar | |
| am Mittwochabend in Berlin. „Das legt nahe, dass wir uns auch mit einem | |
| Untersuchungsausschuss noch näher auseinandersetzen müssen.“ | |
| Toncars Parteikollege Christian Dürr zeigte sich enttäuscht von der | |
| Befragung des Finanzministers. „Sie hat nicht die Informationen geliefert, | |
| die wir Freien Demokraten uns erhofft hatten. Im Gegenteil, Herr Scholz hat | |
| kaum zur Aufklärung beigetragen und nur bereits bekannte Fakten | |
| vorgetragen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der | |
| FDP-Bundestagsfraktion der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstag). | |
| Der [2][inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard] hatte im Juni | |
| Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Zentrale Fragen sind, | |
| wann genau die Regierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig | |
| dagegen unternommen hat. | |
| ## Keine schlüssige Argumentation | |
| Scholz' Argumentation sei nicht schlüssig gewesen, bemängelte Toncar. Man | |
| könne nicht einerseits sagen, die Finanzaufsicht habe das Problem ernst | |
| genommen, habe dann aber anderthalb Jahre keine Ergebnisse zu Wirecard | |
| geliefert. Dem Finanzministerium ist die Finanzaufsicht Bafin unterstellt. | |
| Die Opposition erhebt Vorwürfe, die Bafin habe Unregelmäßigkeiten bei | |
| Wirecard nicht ausreichend verfolgt. Scholz hatte in seiner Befragung laut | |
| Teilnehmern die Schuld vor allem auf Wirtschaftsprüfer geschoben, die | |
| Jahresabschlüsse von Wirecard jahrelang nicht beanstandet hätten. | |
| Scholz hatte in der rund vierstündigen Befragung seinen Reformwillen | |
| betont. Er drang darauf, dass die Bafin mehr Instrumente brauche, um bei | |
| börsennotierten Unternehmen auch gegen deren Willen prüfen zu können. Auch | |
| zur Rolle von Wirtschaftsprüfern müsse es Reformen geben. | |
| Paus sagte, Scholz und Altmaier hätten versucht, sich als die großen | |
| Aufklärer und Reformer zu inszenieren. „Sobald es aber kritisch wurde, | |
| haben sich beide Minister drauf zurückgezogen, dass ihnen gesetzlich die | |
| Hände gebunden waren. Auf die Frage, wer die politische Verantwortung habe, | |
| gab es nur großes Schweigen.“ | |
| Toncar sagte, die FDP biete Linken und Grünen Gespräche über einen | |
| Untersuchungsausschuss an. Ein Auftrag für das Gremium ließe sich noch im | |
| August formulieren. Etwas zurückhaltender äußerte sich Danyal Bayaz von den | |
| Grünen. „Einige Fragen wurden beantwortet, neue sind entstanden“, sagte er | |
| zur Anhörung der beiden Minister. Scholz habe den Vorwurf nicht aus der | |
| Welt schaffen können, dass das politische Frühwarnsystem nicht funktioniert | |
| habe, obwohl es schon lange Warnsignale im Fall Wirecard gegeben habe. | |
| ## 90 Fragen an das Finanzministerium | |
| Seine Fraktion habe einen umfangreichen Katalog mit 90 Fragen an das | |
| Finanzministerium übermittelt und erwarte Antwort bis zum 10. August. Es | |
| gebe noch viele offene Fragen, auch an das Kanzleramt, die in einer | |
| weiteren Sondersitzung geklärt werden sollten. Es gehöre zur politischen | |
| Kultur in Deutschland, der Regierung Gelegenheit zur Antwort zu geben. | |
| Bayaz sagte aber auch: „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein | |
| Untersuchungsausschuss kommt, ist wahrscheinlich höher als die, dass er | |
| nicht kommt.“ | |
| Die wirklich spannenden Fragen seien unbeantwortet geblieben, bilanzierte | |
| Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi: „Warum wurde trotz vieler | |
| Sonderprüfungen nicht erkannt, dass die Wirecard Bank mithilfe | |
| unbesicherter Kreditvergabe aus dem Konzern heraus gesteuert wurde“, fragte | |
| der Linken-Politiker. Dies sei eine von mehreren Fragen, auf die der | |
| Finanzminister Antworten schuldig geblieben sei. Es brauche daher nun eine | |
| vollständige Akteneinsicht. „Der Untersuchungsausschuss ist weiterhin | |
| nötig, zumal sich das Kanzleramt weiterhin wegduckt“, betonte De Masi. | |
| Die SPD-Finanzexpertin Cansel Kiziltepe nahm Scholz in Schutz: „Der | |
| Finanzminister hat die Karten auf den Tisch gelegt. Die Verantwortlichen | |
| haben im Rahmen der geltenden Gesetze ihre Arbeit gemacht.“ Vielmehr habe | |
| der Wirecard-Skandal Qualitätsprobleme im System der Wirtschaftsprüfung | |
| offengelegt. „Das Wirtschaftsministerium muss diese Mängel in Angriff | |
| nehmen. Es kann nicht darauf vertrauen, dass das gegenwärtige System | |
| ausreicht.“ | |
| Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) machte deutlich, er sehe keine | |
| Fehler bei der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer. Altmaier sagte nach der | |
| Sondersitzung, die Abschlussprüferaufsichtsstelle habe, soweit er das | |
| nachvollziehen könne, sehr früh und zu jedem Zeitpunkt die notwendigen und | |
| die richtigen Schritte ergriffen. | |
| 30 Jul 2020 | |
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