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# taz.de -- US-Außenminister in Nahost: Pompeo und die 22-Staaten-Lösung
> Der US-Außenminister wirbt in arabischen Staaten für Beziehungen zu
> Israel. Im Koffer hat er US-Sanktionen – und einen heiklen Waffendeal.
Bild: US-Außenminister Mike Pompeo muss viele Gespräche führen
Kairo taz | US-Außenminister Mike Pompeo hat eine Mission, die er selbst
als historisch bezeichnet, die er aber bei seiner jetzigen Nahostreise
einem kühlen Realitätscheck unterziehen muss. Er soll für seinen Chef
Donald Trump einen außenpolitischen Erfolg einfahren, der sich kurz vor der
US-Wahl für die Wiederwahl Trumps vermarkten lässt. Dabei ist die
Zweistaatenlösung und die Schaffung eines palästinensischen Staates ganz
offensichtlich passé. Palästinenser spielen in den neuen US-Plänen für die
Region keine Rolle mehr.
Stattdessen versucht Pompeo die arabische Welt von seiner 22-Staaten Lösung
zu überzeugen. Nach der Ankündigung der Vereinigten Arabischen Emirate am
13. August, [1][Beziehungen zu Israel aufnehmen zu wollen], versucht Pompeo
nun, weitere Mitglieder der 22-köpfigen Arabischen Liga dazu zu bringen,
dem Schritt zu folgen. Bisher unterhalten nur Ägypten und Jordanien
diplomatische Beziehungen zu Israel. „Wir sind voller Hoffnung, dass wir
andere arabische Staaten sehen werden, die mitmachen“, verkündete Pompeo
auf der ersten Station seiner Reise am Montag in Israel.
Schon seinen Direktflug von Israel in den Sudan am nächsten Morgen
verkaufte Pompeo als historischen Erfolg. Aber das war dann auch schon das
Ende seiner Erfolgsserie. Im Sudan erhielt er nach Gesprächen mit
Premierminister Abdalla Hamdok eine Abfuhr. Regierungssprecher Faisal Saleh
erklärte, dass die nicht gewählte Übergangsregierung im Sudan kein Mandat
habe, einen derartigen Schritt zu entscheiden. Die Übergangsregierung ist
Ergebnis eines Machtteilungsabkommen in Khartum zwischen den Militärs und
einer Regierung, die nach dem Sturz Omar al-Baschirs letztes Jahr gebildet
wurde. Erst 2022 soll gewählt werden.
Damit ist Pompeo mit seinem Erpressungsversuch gescheitert, die Aufhebung
von US-Sanktionen gegen den Sudan mit der Normalisierung der Beziehungen zu
Israel zu verbinden. Die Sanktionen stammen aus Zeiten Baschirs. Washington
hatte den Sudan 1990 auf die Liste der Sponsoren des internationalen
Terrorismus gesetzt, da Al-Qaida-Chef Usama bin Laden damals zeitweise im
Sudan lebte. Später wurden sie aufgrund des Völkermordes im Darfurkonflikt
erweitert.
Sudans neue Regierung kämpft mit der wirtschaftlichen Isolation als Folge
der US-Sanktionen, die es dem Land schwer machen, Geld auf den
Finanzmärkten zu leihen. Trotzdem lehnt sie eine Verbindung der Aufhebung
der Sanktionen mit der Aufnahme von Beziehungen zu Israel bislang ab.
## Bahrein hält an Zweistaatenlösung fest
Im Anschluss reiste der US-Außenminister weiter nach Bahrein. Letztes Jahr
war Bahrein Gastgeber einer von Washington gesponserten
Wirtschaftskonferenz, an der auch Israelis teilnahmen. König Hamad bin Isa
Al Chalifa sagte allerdings am Mittwoch bei seinem Treffen mit Pompeo, sein
Land sei weiter [2][der arabischen Friedensinitiative aus dem Jahr 2002]
verpflichtet. Das dämpft die Hoffnung auf eine schnelle Aufnahme
diplomatischer Kontakte zu Israel, denn diese sieht als Voraussetzung für
eine Anerkennung Israels die Gründung eines palästinensischen Staats vor.
Pompeos nächste Station sollten die Emirate selbst sein. Anders als der
Sudan machen sich die Emiratis keine Gedanken über ein fehlendes
demokratisches Mandat. Dort herrschen die Emire autokratisch. Dennoch ist
der Deal noch nicht vollkommen eingetütet, den Trump im September in einer
großen Zeremonie im Weißen Haus feiern möchte. Streitpunkt ist hier eine in
Aussicht gestellte Lieferung hochmoderner US-Kampfjets an die Emirate, die
diese als eine der Bedingungen für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen
zu Israel definieren.
Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte bei Pompeos erstem Stopp in Israel
erklärt, dass der Normalisierung-Deal mit den Emiraten keinerlei solche
Waffenlieferungen beinhaltet. Er erklärte öffentlich seinen Einspruch gegen
diese Waffenlieferung, denn sie widerspreche einem Abkommen zwischen den
USA und Israel, das bei US-Waffenlieferungen in die Region stets
garantiert, dass allein Israel die neuesten Waffengenerationen geliefert
bekommt – ein Streit, der noch nicht ausgestanden ist.
## Was macht Saudi-Arabien?
Die große Frage aber ist, wie sich das Filetstück in der Region,
Saudi-Arabien, verhalten wird. Der größte Golfstaat ist nicht in die
Reisepläne Pompeos einbezogen. Wie Bahrain besteht das Königreich offiziell
weiter auf dem alten arabischen Friedensplan, den es selbst 2002 ins Leben
gerufen hatte. Damals erklärten die Länder der Arabischen Liga ihre Abkehr
von den „Drei Neins“: dem „Nein“ zur Anerkennung, zu Verhandlungen und …
Frieden mit Israel.
Stattdessen brachten sie die Formel „Land für Frieden“ ins Spiel, die bis
heute offiziell für die Arabische Liga gilt. Die arabischen Länder boten
Israel Frieden und diplomatische Beziehungen an, wenn Israel sich im
Gegenzug aus allen 1967 besetzten Gebieten zurückzieht und einen
unabhängigen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt
anerkennt. Darüber hinaus wurde eine gerechte Lösung der palästinensischen
Flüchtlingsfrage gefordert.
Die Grundlage des Deals zwischen Israel und den Emiraten ist dagegen nur
ein vages israelische Versprechen, zumindest vorerst keine weiteren 1967
besetzten Gebiete im Westjordanland durch eine Annexion dem israelischen
Staatsgebiet einzuverleiben.
In der ersten Septemberwoche wird Trumps Schwiegersohn Jared Kushner erneut
versuchen, bei einer Nahostreise die 22-Staatenlösung voranzutreiben. Dabei
wird er sein Augenmerk vor allem auf Saudi-Arabien legen und den saudischen
Kronprinzen Muhammad bin Salman treffen. Der könnte sich als Wildcard
erweisen und am Ende doch noch Natanjahu in Washington die Hände schütteln
und den Emiratis die Show klauen.
Netanjahu hätte dann sein arabisches Filetstück, Trump seinen
außenpolitischen Erfolg vor der US-Wahl und Muhammad bin Salman könnte sein
Image als Auftraggeber für den Mord an dem saudischen Dissidenten Jamal
Khashoggi und als Architekt des verheerenden Jemenkriegs abstreifen. Nur
die Palästinenser blieben dann wieder als große Verlierer außen vor.
26 Aug 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Karim El-Gawhary
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