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# taz.de -- Umsturz in Mali: Ein Imam lehrt das Fürchten
> Der Putsch in Mali folgt auf monatelange Proteste gegen Präsident Keïta.
> Die Bewegung hatte Imam Mahmoud Dicko aufgebaut.
Bild: Imam Mahmoud Dicko profitiert von dem Putsch in Mali gegen Präsident Ke�…
COTONOU taz | Mit Imam Mahmoud Dicko in Bamako einen Termin zu bekommen,
ist nicht immer einfach. Vor zwei Jahren sagte er nach mehreren Anfragen
kurzfristig wieder ab. Es war kurz vor der Präsidentschaftswahl, bei der es
zum erneuten Duell zwischen Amtsinhaber [1][Ibrahim Boubacar Keïta] und
Oppositionsführer Soumaïla Cissé kam. Direkt vor dem Urnengang wolle er
sich nicht öffentlich äußern, ließ sein Assistent bekanntgeben.
Fünf Jahre zuvor – das war nach Tuaregrebellion, Staatsstreich, Besetzung
des Nordens durch islamistische Gruppierungen und Militärintervention der
Franzosen – war es noch ganz anders. Gemeinsam mit weiteren religiösen
Meinungsführern unterstützte der heute 66-Jährige offen den Wahlsieger
Keïta.
Die einstige Unterstützung hat sich längst in das Gegenteil gekehrt. Die
Protestbewegung M5-RFP (Bewegung des 5. Juni / Sammlung der Patriotischen
Kräfte), ein Zusammenschluss der Zivilgesellschaft und Teilen der
politischen Opposition, hat in den letzten Wochen mit [2][Demonstrationen
in Bamako] die Regierung in die Defensive gebracht. Ihre Führungsfigur:
Imam Dicko.
Ihren Wunsch, Präsident Keïta lieber heute als morgen loszuwerden, hat
Malis Armee jetzt erfüllt und [3][den Präsidenten abgesetzt]. Nun richten
sich alle Augen auf die Protestbewegung und ihren Imam.
## 50.000 Demonstrant*innen mobilisiert
Der Imam stammt aus einer einflussreichen Familie aus Timbuktu und
studierte in Saudi-Arabien. Anschließend ging er nach Bamako, wo er 2008
Vorsitzender der religiösen Instanz „Hoher Islamischer Rat von Mali“ (HCIM)
wurde und somit einer der einflussreichsten religiösen Meinungsführer. Bis
heute spricht er sich öffentlich für einen laizistischen Staat aus. Dennoch
wird immer wieder über seine Nähe zum saudischen Wahhabitentum spekuliert.
Wie viel Einfluss er hat – in Mali bekennen sich knapp 95 Prozent der 19,5
Millionen Einwohner*innen [4][zum Islam] –, demonstrierte Imam Dicko schon
früh. Um eine „unislamische“ Reform des Familiengesetzes im Jahr 2009 zu
verhindern, mobilisierte er mit anderen Imamen 50.000 Demonstrant*innen.
Bis heute winkt er auf Fragen, ob religiöse Meinungsführer sich nicht etwa
deutlich gegen die in Mali weitverbreitete Genitalverstümmelung von Frauen
äußern sollen, fast genervt ab. Die Zeit würde das richten, meint er.
Seit dem vergangenen Jahr hat Dicko eine neue Bewegung, die
„Koordinierungsstelle der Bewegungen, Vereine und Sympathisanten von Imam
Dicko“ (CMAS). In Bamako fallen immer wieder kleine CMAS-Stadtteilbüros
auf. Im Hauptsitz in Magnambougou Faso Kanu empfängt Dicko
Gesprächspartner*innen auch gerne Journalist*innen. Er sitzt auf einem
hellbraunen Ledersofa und wirkt anders als bei öffentlichen Auftritten
ruhig und bei Fragen häufig kurz angebunden. Eine politische Partei sei die
CMAS nicht, sondern schlicht eine Bewegung, sagt er.
Doch seine politische Wirkung ist erheblich. Im April 2019 erzwang er mit
einer Kampagne den Rücktritt des Premierministers Soumeylou Boubèye Maïga.
Auch bei den jüngsten Demonstrationen gelang es Dicko, viele tausend
Menschen zu mobilisieren – in einem Land, in dem zuletzt vor allem
Desinteresse, Enttäuschung und fehlendes Vertrauen in die Politik zu spüren
war. Genau das kommt dem Imam heute zugute. Nicht die Politik, sondern die
Religiösen werden als jene gesehen, die Mali aus der Krise führen können.
19 Aug 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Mali
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