# taz.de -- Urteil des BGH zu Suchmaschinen: Google muss nicht vergessen | |
> Kritische Berichte muss die Suchmachine auch nach Jahren nicht auslisten, | |
> urteilt der Bundesgerichtshof. Zumindest nicht, wenn sie stimmen. | |
Bild: Vergisst mein nicht: Firmengebäude von Google in Zürich | |
KARLSRUHE rtr/dpa | Google ist in der Regel nicht verpflichtet, negative, | |
aber wahre Berichte über Personen nach wenigen Jahren aus der Trefferliste | |
seiner Suchmaschine zu löschen. Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof | |
(BGH) am Montag verkündet und damit eine Klage rechtskräftig abgewiesen. | |
Das Informationsrecht der Öffentlichkeit überwiege das Recht der | |
Betroffenen auf Schutz ihrer persönlichen Daten, heißt es in der | |
Begründung. | |
In dem Fall ging es um einen hessischen Wohlfahrtsverband, der in | |
finanzielle Schieflage geraten war, und seinen Geschäftsführer, der sich | |
kurz zuvor krankgemeldet hatte. Über beides hatte die regionale Presse | |
unter Nennung des Namens des Geschäftsführers 2011 mehrfach berichtet. Der | |
klagte gegen Google, weil bei Eingabe seines Namens die Presseartikel in | |
der Trefferliste erschienen. | |
Wie schon das Oberlandesgericht Frankfurt lehnte der BGH die Klage jetzt | |
rechtskräftig ab. Das Ereignis sei von erheblichem öffentlichem Interesse. | |
Über die Erkrankung des Geschäftsführers sei ohne nähere Angaben berichtet, | |
sein Persönlichkeitsrecht deshalb nicht verletzt worden, urteilte der BGH. | |
Auch der Zeitraum von sieben Jahren sei kein Grund für ein Löschen der | |
Berichte. Hier sei noch nicht so viel Zeit vergangen, dass das | |
Informationsinteresse der Öffentlichkeit in den Hintergrund getreten sei. | |
Insgesamt müsse aber in jedem einzelnen Fall erwogen werden, ob das | |
Persönlichkeitsrecht oder das Recht der Öffentlichkeit auf Information | |
höher zu bewerten sei. | |
## Es kommt auf den Wahrheitsgehalt an | |
Einen zweiten Fall legte der BGH allerdings dem Europäischen Gerichtshof | |
(EuGH) zur Vorabentscheidung vor. Denn dort ist der Wahrheitsgehalt des in | |
der Trefferliste von Google aufgeführten Berichts umstritten. Auf der | |
Webseite eines US-Unternehmens 2015 waren mehrere Artikel erschienen, die | |
sich kritisch mit dem Anlagemodell eines in Deutschland tätigen | |
Finanzdienstleisters auseinandersetzten. Die Beiträge waren mit Fotos der | |
Betreiber bebildert. Über den Wahrheitsgehalt der Berichte besteht Streit. | |
Der EuGH soll nun klären, wer in solchen Fällen belegen muss, ob der | |
Bericht wahr oder falsch ist – Google oder der Betroffene. | |
Der EuGH hatte sich bereits 2014 mit der Materie befasst. Damals urteilte | |
der Gerichtshof, dass Suchmaschinen-Betreiber wie Google grundsätzlich für | |
die Verarbeitung personenbezogener Daten verantwortlich sind. Sie können | |
deshalb verpflichtet sein, Links zu entfernen. Die Rechte der Betroffenen | |
sind aber immer gegen das öffentliche Interesse abzuwägen. | |
27 Jul 2020 | |
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