| # taz.de -- Spitzel-Affäre bei Volkswagen: Unternehmen sucht Maulwurf | |
| > Pikante Details rund um die Dauerfehde mit einem Zulieferer kommen ans | |
| > Licht. Bei VW ist man geschockt über das Abhören in den eigenen Reihen. | |
| Bild: Dieselskandal noch nicht ausgestanden und schon die nächste Affäre: Vol… | |
| BERLIN dpa | Eine Spitzel-Affäre sorgt beim weltgrößten Autobauer | |
| Volkswagen für Unruhe. Offenbar systematisch und über eine längere Zeit | |
| schnitt ein Unbekannter die Gespräche einer internen Arbeitsgruppe mit. | |
| Details wurden nun in die Öffentlichkeit getragen. Von fast 50 Stunden | |
| Audiomitschnitten aus den Jahren 2017 und 2018 schreibt das | |
| Online-Wirtschaftsmagazin Business Insider, das am Wochenende Auszüge | |
| bekannt machte. | |
| Die Arbeitsgruppe hatte einen heiklen Auftrag. Seit Jahren schon streitet | |
| sich Volkswagen mit der Zulieferergruppe Prevent – es ging 2016 sogar so | |
| weit, dass die Bänder in Wolfsburg und anderen Werken tagelang | |
| stillstanden, weil keine Sitzbezüge und Getriebegehäuse von | |
| Prevent-Töchtern mehr kamen. 2018 wollte VW dem Spuk ein Ende machen und | |
| kappte die Verbindungen zu den Unternehmen der bosnischen Eigentümerfamilie | |
| Hastor. Doch der Ärger hält die Wolfsburger weiter auf Trab. Und das nicht | |
| nur wegen der zahlreichen Verfahren vor Gericht, die die beiden Streithähne | |
| immer noch ausfechten. | |
| In der Arbeitsgruppe mit dem Namen „Projekt 1“ ging es bis zur Kündigung | |
| der Beziehungen darum, wie [1][VW mit dem streitbaren Zulieferer umgehen] | |
| sollte. Das VW-interne Team hatte nach offiziellen Angaben die Aufgabe, | |
| „weiteren Schaden vom Unternehmen, seinen Kunden, Mitarbeitern und | |
| Lieferanten abzuwenden. Es wurde offen über alle möglichen Lösungsansätze | |
| diskutiert, viele aber auch verworfen.“ | |
| Es sei kein Entscheidungsgremium gewesen. Verantwortung für das Team hatten | |
| der damalige Konzern-Einkaufschef Francisco Javier Garcia Sanz und der | |
| Beschaffungsvorstand der Marke Volkswagen, Ralf Brandstätter. Brandstätter | |
| ist mittlerweile zum Vorstandschef bei der Kernmarke VW Pkw aufgestiegen. | |
| Letztlich wurde Prevent als Zulieferer „ausgesteuert“, wie es im | |
| Betriebsjargon heißt. Sprich: Prevent bekam keine neuen Aufträge mehr, die | |
| Vertragsbeziehung wurde gekündigt. | |
| ## Die große Suche nach dem Spitzel beginnt | |
| Bei Volkswagen geht nun die große Suche los: Wer hat aus welchen Gründen | |
| die Gespräche heimlich aufgezeichnet? Wenn interne und vertrauliche | |
| Sitzungen dokumentiert würden und „solche Informationen unberechtigt an die | |
| Öffentlichkeit gelangen, schockiert uns das zutiefst. Der Fall wird | |
| selbstverständlich untersucht“, hieß es am Sonntag aus Wolfsburg. Ein | |
| Sprecher von Prevent sagte, das Unternehmen habe keine Kenntnis von den | |
| Aufnahmen gehabt. | |
| Im Team wurde den Angaben zufolge auch darüber debattiert, wie eine | |
| Übernahme des Kopfstützen- und Mittelkonsolenherstellers Grammer durch die | |
| Familie Hastor verhindert werden könnte. Dazu habe es Gespräche mit BMW und | |
| Daimler sowie Finanzinvestoren gegeben, zitiert „Business Insider“ Aussagen | |
| aus den Mitschnitten. Volkswagen bestreitet, dass es in Sachen Prevent eine | |
| konzertierte Aktion mit anderen Autobauern gegeben habe. | |
| Aus rechtlicher Sicht wäre eine solche Absprache ziemlich heikel gewesen, | |
| weil sie den freien Wettbewerb ausgehebelt haben könnte. Die | |
| Übernahme-Bemühungen der Hastors scheiterten letztlich am Widerstand des | |
| Grammer-Managements. | |
| Hintergrund des Spitzel-Vorfalls bei VW könnten die vielen noch offenen | |
| Rechtsverfahren sein, die der Konzern und Prevent vor Gericht ausfechten. | |
| Prevent hat in den USA Klage eingereicht und will 750 Millionen US-Dollar | |
| Schadenersatz, weil VW angeblich Druck auf Zulieferer gemacht haben soll, | |
| Übernahmeavancen der Hastors eine Absage zu erteilen. | |
| ## Motiv zunächst unklar | |
| VW seinerseits will den Schaden aus dem Lieferstopp 2016 erstreiten und | |
| beziffert die Größenordnung auf mehr als 100 Millionen Euro. Nach Angaben | |
| von Prevent sind derzeit allein vor deutschen Gerichten gut zehn Verfahren | |
| anhängig. Auch mit Daimler streitet sich Prevent und will Schadenersatz von | |
| den Schwaben – auch hier gibt es keine Lieferbeziehungen mehr. | |
| Der Grund für das Ausspionieren blieb zunächst unklar. Die Konzernrevision | |
| in Wolfsburg muss nun prüfen. Es dürfte wohl schwierig werden, nach | |
| mehreren Jahren noch Beweise für ein mögliches Fehlverhalten zu finden. | |
| 27 Jul 2020 | |
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