# taz.de -- Erinnerung an Hanau-Anschlag: Wessen Normalität | |
> Knapp sechs Monate nach dem rassistischen Anschlag von Hanau fordert ein | |
> CDU-Politiker, wieder zur Normalität zurückzukehren. Was für ein Hohn! | |
Bild: Brüder-Grimm-Nationaldenkmal: Gedenkort für die Opfer des rechten Terro… | |
Bald ist es sechs Monate her, dass ein rechter Attentäter neun Menschen | |
[1][aus rassistischen Motiven ermordete]. | |
Seit dem rechten Anschlag werden an einem Denkmal der Brüder Grimm mitten | |
auf dem Marktplatz in Hanau Blumen, Kerzen und Bilder der Ermordeten | |
aufgestellt. Das Denkmal hat sich zum Gedenkort entwickelt. Für die | |
Angehörigen, für alle Hanauer:innen. | |
Den CDU-Landtagsabgeordneten Heiko Kasseckert stört das. [2][In einem | |
Gastkommentar] im Hanauer Anzeiger forderte er kürzlich, dass die Stadt zur | |
Normalität zurückkehren müsse. Zur Bewältigung von Trauer gehöre auch das | |
Loslassen, schrieb er. Er wünsche sich, dass das Nationaldenkmal wieder | |
ausschließlich den beiden Brüdern gewidmet werde. Schließlich überstand es | |
„alle Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges“. | |
Kasseckert schreibt wie jemand, der den starken Wunsch hat, das Andenken | |
einfach wegzuwischen. Wie einen Fleck, der stört, weil er an Unangenehmes | |
erinnert. | |
## Betroffene werden überhört | |
Die Initiative 19. Februar, die sich kurz nach dem Anschlag von Hanau | |
gründete und aus Angehörigen und Unterstützer:innen besteht, [3][schreibt | |
in einer Pressemitteilung als Reaktion]: „Es darf kein Zurück zu einer | |
Normalität geben, in der sich ein solch rassistischer Anschlag ereignen | |
konnte. Es muss sich etwas ändern in dieser Gesellschaft.“ | |
Viel zu viele Jahre wurde von rassistischer, antisemitischer und rechter | |
Gewalt Betroffenen nicht ausreichend zugehört. Sie wurden übergangen, | |
vergessen. Ihre Erfahrungen und Ängste wurden weggewischt, so wie es jetzt | |
auch der CDU-Politiker versucht. Wegwischen, vergessen. | |
Wer wegwischt, muss sich nicht fragen: Was habe ich (als Politiker) dazu | |
beigetragen, dass so eine Tat passieren konnte? Welche Fehler habe ich | |
begangen? | |
## Ein Davor und ein Danach | |
Die Forderung nach Normalität ist nicht nur respektlos gegenüber den Opfern | |
und ihren Angehörigen. Sie geht auch an der Realität vorbei. Zurück zu | |
welcher Normalität? Zu einer, in der Menschen in Angst vor rechtem Terror | |
leben müssen? Oder zurück zu wessen Normalität? Der von Kasseckert, die | |
eben nicht von rassistischer Gewalt geprägt ist? | |
Es kann keine Normalität nach Terror geben. Es kann nur ein Vorher geben | |
und ein Nachher. | |
Das Mindeste, was getan werden muss, ist deshalb, zu erinnern, für immer. | |
Und dann dafür zu sorgen, dass das [4][Nachher sicherer ist als das | |
Vorher]. | |
14 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Nach-rassistischem-Anschlag-in-Hanau/!5665545 | |
[2] https://www.heiko-kasseckert.de/lokalas_1_1_338_Aufrecht-bleiben-.html | |
[3] https://19feb-hanau.org/2020/08/03/pressemitteilung-zum-kommentar-von-heiko… | |
[4] /Hinterbliebener-ueber-Hanau-Anschlag/!5699134 | |
## AUTOREN | |
Erica Zingher | |
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