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# taz.de -- Umbruch bei Barça mit Trainer Koeman: Holländische Ideale
> Der FC Barcelona kürt die Vereinslegende Ronald Koeman zum Trainer. Der
> Niederländer gilt als Erneuerer, doch die Klubopposition ist skeptisch.
Bild: Freund der jungen Spieler: Koeman noch in seiner Funktion als niederländ…
Nicht viele Trainer würden sich in diesem Moment auf diesen Verein
einlassen. Aber der FC Barcelona ist für Ronald Koeman eine
Herzensangelegenheit, seit er als Spieler sechs Jahre seine Farben
verteidigte und 1992 per Freistoß gegen Sampdoria Genua das wohl wichtigste
Tor der Vereinsgeschichte erzielte: Der wuchtige Schuss verhalf den
Katalanen zu ihrem ersten Champions-League-Titel überhaupt. „Tintin“
nannten sie ihn damals, und wie der rotblonde Comicheld („Tim und
Struppi“) liebt Koeman ganz offenkundig das Abenteuer: Nach zehn
Trainerstationen in zwanzig Jahren kann ihn nicht mal ein Barça schocken,
das gerade 2:8 gegen Bayern verlor und vor einem potenziell traumatischen
Umbruch steht.
Am Mittwoch wurde seine Verpflichtung offiziell bekannt gegeben, er folgt
auf das titellose Interregnum [1][des entlassenen Quique Setién] und erhält
einen Zweijahresvertrag. Sein Freund und Landsmann Patrick Kluivert,
Nachwuchsdirektor bei Barça, hieß ihn begeistert willkommen: „Ich bin sehr
glücklich für Ronald, sein Traum wird wahr.“ Die Opposition zum glücklosen
Vereinspräsidenten Josep Maria Bartomeu, dessen Mandat nach den nächsten
Wahlen im März 2021 endet, stellt indes eher einen Albtraum in Aussicht.
„Koeman ist ein Mythos unseres Vereins“, sagte der Kandidat Víctor Font.
„Aber er kommt zu einem Projekt ohne Struktur und Zukunft. Wenn wir die
Wahl gewinnen, wird er nicht unser Trainer sein.“ Für diesen Job hat Font
mit dem Exregisseur Xavi Hernández einen starken Trumpf im Team.
Vorerst aber schließt sich in doppelter Hinsicht ein Kreis. Nicht nur
spielte Koeman bei Barça, er begann dort 1998 als Assistent von Louis van
Gaal auch seine zweite Karriere. Bald übernahm er bei Vitesse Arnheim
seinen ersten Cheftrainerposten. Mit Ajax Amsterdam und dem PSV Eindhoven
gewann er drei Meisterschaften, in einem turbulenten Halbjahr beim FC
Valencia den spanischen Pokal, später arbeitete er in England. Große
Triumphe blieben ihm zwar versagt, aber wie zuletzt bei der holländischen
Nationalelf erwarb sich der 57-Jährige einen Ruf als Erneuerer und
Nachwuchsförderer.
Just also, was Barças Jungseniorenauswahl benötigt. „Die Stunde ist
gekommen, einige Spieler mit allen Ehren zu verabschieden“, sagte Bartomeu
am Dienstagabend. Kapitän Lionel Messi, 33, erklärte er dabei für
unverkäuflich, auch Koeman sehe den sechsmaligen Weltfußballer als
„Eckpunkt seines Projekts“.
## Barça-Größen zur Disposition
Den Status der Unantastbarkeit erweiterte Bartomeu außerdem auf jüngere
Profis wie Marc-André ter Stegen, Frenkie de Jong, Clement Lenglet, Nelson
Semedo, Ousmane Dembélé und Antoine Griezmann. Zur Disposition stehen
dagegen so epochenprägende Spieler wie Abwehrchef Gerard Piqué, 33,
Stratege Sergio Busquets, 32, und Angreifer Luis Suárez, 33, nebst bereits
bekannten Namen wie Ivan Rakitic, Arturo Vidal und Samuel Umtiti.
Solche Umbrüche großspurig anzukündigen, ist nur das eine. Sie umzusetzen,
etwas ganz anderes. Allein Piqué kündigte nach Spielschluss gegen die
Bayern an, für das Wohl des Vereins gegebenenfalls beiseitezutreten.
Busquets und Suárez dagegen ließen zuletzt über ihr Umfeld ausrichten, sich
keineswegs außerhalb Barças zu sehen. In Coronakrisenzeiten müssen sich
erst mal andere Destinationen finden lassen, die den Profis ähnlich
attraktiv erscheinen und sie so gut entlohnen wie bisher Barcelona.
Der bisherige Sportdirektor Eric Abidal traute sich diese Aufgabe offenbar
nicht zu: Er bat um Vertragsauflösung. Ihm folgt sein Vize Ramón Planes.
Mit Koeman muss er bis zum verlängerten Transferschluss Anfang Oktober ein
Team präsentieren, das mit hauseigenen Talenten wie Mittelfeldspieler Riqui
Puig, 20, und Stürmer Ansu Fati, 17, oder den bereits neu verpflichteten
Außenstürmern Pedri, 17 (bisher Las Palmas), und Trincão, 20 (Braga), nicht
nur anders ausschauen soll. Sondern auch unvergleichlich mehr Verve braucht
als jenes Barça, das gegen Bayern laut der offiziellen Uefa-Statistiken nur
98,3 Kilometer lief.
Koeman ist nach Rinus Michels, dem Klubheiligen Johan Cruyff, van Gaal und
Frank Rijkaard der fünfte Landsmann bei einem Verein, der wie kein anderer
von [2][holländischen Fußball-Idealen] geprägt ist. Nun soll er diese
restaurieren. Nach seinem legendären Treffer in Wembley sagte er: „Ich
hätte nie gedacht, so viele Menschen glücklich machen zu können.“ Ob ihm
das noch mal gelingt?
20 Aug 2020
## LINKS
[1] /Neuer-Trainer-beim-FC-Barcelona/!5652507
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## AUTOREN
Florian Haupt
## TAGS
FC Barcelona
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