| # taz.de -- Fußballer Johan Cruijff gestorben: Oei, Oei, Oei | |
| > Johan Cruijff war einst Spieler des Jahrhunderts und als Trainer Erfinder | |
| > des Barça-Stils. Am Donnerstag ist er mit 68 Jahren gestorben. | |
| Bild: Kommt ein Crujff geflogen: Tor gegen Brasilien 1974 | |
| In Holland haben sie jahrzehntelang immer aufgehorcht. Bei jedem | |
| mittelwichtigen Spiel, ob Champions League etwa mit dem PSV oder ein Match | |
| der Elftal, hatte Johan Cruijff nachher immer etwas zu sagen – gern auch | |
| mal per Videoschaltung ins Stadion übertragen. Die Menschen hingen an | |
| seinen Lippen: König Johan spricht! | |
| Andere verdrehten die Augen: Der muss auch zu allem seinen mosterd | |
| dazugeben. Insofern war Cruijff eine Art Franz Beckenbauer der Niederlande. | |
| Der eine sagte „Ja mei“, der andere „uitstekend“; das heißt herausrage… | |
| grandios – sein Lieblingswort. Kaiser und König, die Nachbarmonarchen. | |
| Gesungen haben auch beide: der eine von den untrennbaren Freunden, der | |
| andere mit Tenorstimme 1969 „Oei, oei, oei“. | |
| Der sehr dünne Spieler Cruijff war der schnelle, technisch brillante | |
| Angreifer. Unter seiner Regie spielte Ajax und bald auch die Elftal voetbal | |
| totaal, den bedingungslosen Angriffsfußball. Als Aktiver sammelte er Titel | |
| wie andere Briefmarken: fünf Europapokale, zehn Meisterschaften mit Ajax | |
| und Barcelona, zum Karriereende mit 37 noch mal mit Feyenoord. Immer mit | |
| der Rückennummer 14. In 48 Länderspielen schoss er 33 Tore. 1999 wurde er | |
| zu Europas Fußballer des Jahrhunderts gewählt. „Er war das Spiel“, so die | |
| französische Zeitung l’Equipe. | |
| 1973 war Cruijff von Ajax zum FC Barcelona gewechselt. Real kam nicht | |
| infrage, sagte dieser dünne Holländer mit den frisurfreien Zottelhaaren | |
| frech, weil er nicht zum Lieblingsclub von Diktator Franco gehören wolle. | |
| Im Februar 1974 gab er seinem erstgeborenen Sohn den Namen des | |
| katalanischen Schutzpatrons Jordi. | |
| ## Spitzname El Salvador | |
| 14 Tage später zertrümmerte sein Team auf dem Weg zum Titel Real in Madrid | |
| (mit Günter Netzer) 5:0. Cruijff hatte den Status eines Heiligen erreicht: | |
| El Salvador (Erlöser) nannten ihn die Barça-Fans jetzt. Und Deutschland war | |
| eifersüchtig: Kaum hatten wir mit Netzer und Breitner die ersten | |
| scheinbaren Rebellen auf dem Platz, kamen die Nachbarn mit diesem Cruijff | |
| und zeigten uns, was wirklich cool ist. Zur Strafe schrieb ihn das | |
| Moffen-Establishment eingedeutscht fortan Cruyff statt Cruijff. | |
| 1975 wurde Hennes Weisweiler sein Trainer – zwei sture Alphatiere prallten | |
| aufeinander. Cruijff gewann den Machtkampf. Weisweiler musste gehen. Aber | |
| die großen Erfolge kamen nicht wieder. | |
| Hollands Nationalelf war bis Anfang der 70er Jahre international | |
| zweitklassig. Oranje-Kapitän Cruijff brachte das Team auf die Weltkarte. | |
| Eine seiner größten Szenen gelang ihm ausgerechnet im WM-Finale in München | |
| 1974 gegen Deutschland, ein Spiel, das gleichzeitig zu seiner schlimmsten | |
| Niederlage wurde: Ein Antritt wie vom Katapult, Wachhund Berti Vogts war | |
| mit wenigen Schritten abgeschüttelt, Franz Beckenbauer guckte mit | |
| tatenloser Eleganz zu, und Uli Hoeneß grätschte Cruijff nieder; Elfmeter | |
| nach 58 Sekunden. | |
| Johan Neeskens verwandelte frech, aber die besseren Holländer verloren noch | |
| 1:2. Den Pokal reckte Beckenbauer in die Höhe. „Johan war der bessere | |
| Spieler“, firlefranzte der Bayer später mal, „aber ich bin Weltmeister.“ | |
| Oei, oei, oei. | |
| ## Cruijff war ein Rechthaber | |
| Nach titelreichen Trainerjahren bei Ajax wurde Cruijff 1988 Coach in | |
| Barcelona. Er modernisierte Barças Jugendakademie La Masia,entwickelte ein | |
| neues Team mit Nachwuchskickern wie etwa Pep Guardiola und gilt bis heute | |
| als Erfinder des Barça-Stils. 1989: Europapokal der Pokalsieger. 1991–1994: | |
| viermal in Folge Meister, 1992: erstmals Europapokal der Landesmeister. | |
| Cruijff war immer Exzentriker, ein Rechthaber. Als Spieler verweigerte er | |
| in Barcelona bisweilen tagelang das Training. Als Trainer galt er als | |
| besserwisserische Autorität. „Es gibt viele Menschen, die können | |
| feststellen, dass eine Mannschaft schlecht spielt, schon weniger, die | |
| wissen, warum, und nur einzelne, die Wege kennen, wie das zu ändern ist.“ | |
| Klar, er war einer davon. Auch sein Traineramt in Camp Nou endete im | |
| Streit. | |
| Um seinen Zigarettenkonsum ranken sich Legenden. Als Jugendlicher sollen es | |
| 80 täglich gewesen sein, Selbstgedrehte. Auch als Profi rauchte er munter | |
| weiter, Pausenfluppe inklusive. Mit 44 hatte er einen schweren Herzinfarkt, | |
| Bypass, Schluss mit Paffen. Dann engagierte sich „J.C. Superstar“ in | |
| Antiraucherkampagnen. | |
| Insofern ist es zynisch, dass Hendrik Johannes Cruijff am Donnerstag in | |
| Barcelona an Lungenkrebs gestorben ist. „Gewinnen ist immer logisch, | |
| verlieren nie“ – eigentlich hatte sich dieser Cruijff-Satz auf Fußball | |
| bezogen. König Johan wurde 68. | |
| 25 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Müllender | |
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