# taz.de -- Jüdischer Eishockeyspieler in Polen: Das dünne Eis von Auschwitz | |
> Der israelische Profi Eliezer Sherbatov heuert beim polnischen | |
> Eishockeyclub Unia Oświęcim an. Der erinnert an die jüdische Tradition | |
> der Stadt. | |
Bild: Eliezer Sherbatov 2017, als er noch in der Slowakei spielte | |
„Welcome, Eli Sherbatov!“ Die polnische Eishockeyspielergewerkschaft | |
begrüßt ihren neuen Kollegen. „Wir wissen, wie sensibel und symbolisch es | |
für Sie sein wird, in Oświęcim zu spielen“, heißt es auf Twitter. Der | |
israelische Eishockeyprofi Eliezer Sherbatov, Kapitän der Auswahl des | |
jüdischen Staates, hat sich nämlich entschieden, künftig für Unia Oświęcim | |
zu spielen. Der deutsche Name des Ortes ist Auschwitz. | |
„Ich bin gerade deswegen sehr motiviert, weil es Auschwitz ist“, sagte der | |
28-Jährige der Zeitung Jedioth Ahronot. Wenn er Erfolg habe, „wird jeder | |
wissen, dass derjenige, der das geschafft hat, ein jüdischer Israeli ist“. | |
Sherbatov wurde im israelischen Rechovot geboren, wuchs in Kanada auf, aber | |
mit dem Eishockey begann er [1][im nordisraelischen Metulla], wo es ein | |
Wintersportzentrum gibt. Als Profi hat Sherbatov bislang in Kasachstan und | |
in der Slowakei gespielt. Und tut es bald in Polen. | |
Gerade auf Twitter hatte es aus der jüdischen Welt einige negative | |
Reaktionen auf Sherbatovs Schritt gegeben. Elchanan Poupko, ein New Yorker | |
Rabbiner, nannte es einen „Verrat am jüdischen Volk und ein beschämender | |
Stich in den Rücken von Millionen“. Der Rabbiner fragte, ob Sherbatov keine | |
anderen Optionen gehabt habe. „Ja, ich hatte andere Möglichkeiten“, | |
antwortete der. Sein Ziel sei es aber, Erfolge zu haben, damit die Leute | |
dort einem jüdischen Eishockeyprofi zujubelten. „Das ist es, was ich | |
möchte, eine neue Geschichte für uns Juden schaffen.“ | |
## Rechtsextreme Fans | |
Unterstützung erhalten Sherbatov und sein neuer Verein von der Gedenkstätte | |
Auschwitz-Birkenau. Kritik, wie sie von Rabbiner Poupko formuliert wurde, | |
basiere auf stereotypen Wahrnehmungen Polens, heißt es auf Twitter. Die | |
Gedenkstätte erinnert an das größte deutsche Vernichtungslager, das zum Ort | |
Oświęcim, den die Deutschen Auschwitz nannten, gehörte. | |
Unia Oświęcim ist allerdings ein Klub, dem oft ein rechtsextremer Fananhang | |
nachgesagt wurde. Im Internet kursierende Fotos wirken martialisch. Die | |
Fans haben sich jedoch aktuell kaum zu Wort gemeldet. Gerade mal von einem | |
der „lautesten Transfers dieses Sommers“ ist auf Facebook die Rede. | |
Der Verein selbst, der 1946 gegründet wurde und in dem seit 1958 Eishockey | |
gespielt wird, versucht, auf die Kritik einzugehen. In einer [2][Erklärung | |
auf seiner Website] wird an die jüdische Tradition von Oświęcim erinnert. | |
Hier habe in den 1920er Jahren auch der jüdische Fußballklub „Kadima“ | |
gespielt, und noch 1939 seien 60 Prozent der Bürger jüdisch gewesen. Heute | |
sei Oświęcim eine „Stadt des Friedens“, die sich um das Gedenken kümmere. | |
Der Klub, mit acht Meistertiteln eines der erfolgreichsten Eishockeyteams | |
Polens, sei multikulturell, die Profis kämen aus sieben verschiedenen | |
Ländern. | |
13 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://jungle.world/artikel/2005/17/das-eis-wird-dicker | |
[2] https://unia-oswiecim.pl/re-plast-unia-wspiera-eliezera-sherbatova/ | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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