| # taz.de -- Nationalspielerin über Cricket: „Mehr als eine Sportart“ | |
| > Christina Gough hat als Kind ihren Bruder im Garten besiegt, mittlerweile | |
| > ist die Hamburgerin Deutsche Meisterin im Cricket und im Nationalteam. | |
| Bild: Nicht nur bei britischen Royals beliebt: Cricket | |
| taz: Frau Gough, Cricket ist die zweitgrößte Sportart der Welt, warum hört | |
| man in Deutschland so wenig davon? | |
| Christina Gough: Fußball ist in Deutschland so beliebt, da findet Cricket | |
| einfach keinen Platz mehr. In England, dort, wo ich aufgewachsen bin, ist | |
| Cricket überall bekannt und beliebt. Nach Deutschland hat es der Sport | |
| nicht richtig geschafft, was ich sehr schade finde. Es ist viel mehr als | |
| eine Sportart. Beim Cricket geht es auch darum, nach dem Spiel mit Freunden | |
| noch ein Bier zu trinken. | |
| Bestimmt Cricket Ihren Alltag? | |
| Ich spiele seit 15 Jahren und wenn, dann bin ich den ganzen Tag | |
| beschäftigt. Es ist ein großer Teil meines Lebens. Ich schaue auch Cricket | |
| im Fernsehen. | |
| Haben Sie in England Ihre Leidenschaft fürs Cricket entdeckt? | |
| Ich bin in Hamburg geboren, aber in England groß geworden. Dort habe ich | |
| mit zehn Jahren angefangen, Cricket zu spielen – erst im Garten mit meinem | |
| Bruder, dann im Club, in einer regionalen Mannschaft und an der Uni. In | |
| meinem Auslandsjahr in Deutschland habe ich den THCC Rot-Gelb gefunden. | |
| Ihr Bruder hat auch Cricket gespielt. War er Ihr Ansporn? | |
| Er war in einem Cricketclub und ich bin ihm immer hinterhergelaufen. In | |
| seinem Club gab es zum Glück auch eine Frauenmannschaft, das war vor 15 | |
| Jahren noch nicht selbstverständlich. Mein Bruder hatte zwischenzeitlich | |
| aufgehört, Cricket zu spielen. Ich denke, er fand es doof, dass seine | |
| kleine Schwester besser war. Konkurrenzkämpfe haben wir Zuhause im Garten | |
| ausgetragen. Mittlerweile kommt mein Bruder damit klar, dass ich auch in | |
| Deutschland recht erfolgreich bin, und ist stolz auf mich. | |
| In Ihrem Team reden Sie während des Trainings zum Teil auf Englisch | |
| miteinander … | |
| Viele in der Mannschaft sind Deutsche, aber es spielen auch Menschen mit, | |
| die von dort kommen, wo Cricket zum Volkssport gehört: England, Australien, | |
| Indien. Man muss irgendwie miteinander kommunizieren – teilweise auf | |
| Deutsch oder eben auf Englisch. Wenn man über Cricket redet, sind alle | |
| Begriffe auf Englisch, weil es eine englische Sportart ist. Auch sonst | |
| findet man manchmal das deutsche Wort nicht, switcht ins Englische und dann | |
| wieder zurück ins Deutsche. | |
| In vielen deutschen Vereinen spielen Geflüchtete aus Afghanistan. Auch in | |
| Ihrem Team? | |
| Viele Flüchtlinge sind junge Männer, die sich riesig freuen, in Deutschland | |
| einen Cricketverein gefunden zu haben und hier spielen zu dürfen. In | |
| unserer Mannschaft hatten die meisten Frauen durch englische Lehrkräfte | |
| Berührung mit dem Sport oder waren im Ausland. Man sieht Cricket, spielt | |
| mit – und schon hat man eine neue Leidenschaft. Wenn man zusammen spielt, | |
| dann ist es egal, woher man kommt oder welche Sprache man spricht. Es gibt | |
| deutschlandweit nicht so viele Spieler und so haben wir uns hier in Hamburg | |
| eine kleine Gemeinschaft aufgebaut. | |
| Sie spielen seit 2015 beim THCC. Was haben Sie seitdem erreicht? | |
| Die Frauenmannschaft vom THCC ist letztes Jahr zum ersten Mal Meister | |
| geworden. Seit drei, vier Jahren spiele ich dazu in der Nationalmannschaft. | |
| Seit einem Jahr nehmen wir an offiziellen Turnieren des weltweiten | |
| Cricketverbands teil. Es war nicht leicht, dorthin zu kommen. Wir mussten | |
| erst einmal ein Team aufbauen. Oft trainiert man allein oder in regionalen | |
| Gruppen. Einmal im Monat kommen wir dann als Nationalmannschaft zusammen. | |
| Im Februar haben wir unseren ersten Sieg nach Hause gebracht – aus Oman. | |
| Diese Woche spielen wir in Wien, das erste Mal nach der Coronapause. | |
| Wie weit ist das deutsche Nationalteam jetzt noch von der Qualifikation für | |
| die Weltmeisterschaft entfernt? | |
| Letztes Jahr in der ersten Runde der Qualifikationsspiele haben wir leider | |
| nur verloren. Ich hoffe aber, dass wir in den nächsten fünf Jahren die | |
| Qualifikation schaffen. Momentan sind wir auf Rang 22 der Weltrangliste und | |
| die Top 10 sind meist bei der WM. Wenn wir diese Woche in Wien alle fünf | |
| Spiele gewinnen, dann sind wir hoffentlich unter den Top 20. | |
| 11 Aug 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Laura Strübbe | |
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