Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- KünstlerInnen in Zeiten der Pandemie: 25 Zuschauer sind erlaubt
> Falko Hennig, Schriftsteller und Touristenguide, freut sich mit seiner
> Lesebühne wieder live vor echten Menschen auftreten zu können.
Bild: Erinnerungen an bessere Zeiten: Falko Hennig (unten li.) beim Fußball in…
taz: Herr Hennig, Was würden Sie in einer Welt ohne Covid 19 gerade machen?
Falko Hennig: Ich hätte jeden Tag als Fahrrad-Guide Touren durch Berlin mit
Schülern und Touristen und würde Geld verdienen, um Januar und Februar in
Südamerika zu überwintern.
Was war die letzte Kulturveranstaltung, an der Sie – persönlich oder im
Stream – teilgenommen haben?
Am letzten Sonntag haben wir unsere Lesebühne, die [1][Reformbühne Heim &
Welt], zum letzten mal gestreamt. An der habe ich also auch persönlich in
der [2][Baiz] teilgenommen. Seit Beginn des Lockdowns haben wir zwölf
Wochen lang nur gestreamt, seit Juni aber auch mit echtem Publikum in der
Baiz und ab jetzt ohne Stream. 25 Zuschauer können wir nach den
Corona-Regeln einlassen, sie sollten sich vorab per Mail unter
[email protected] anmelden.
Was halten Sie vom (oft kostenlosen) Streaming von Theateraufführungen,
Konzerten, DJ-Sets oder Lesungen?
Bei den ersten Streams der Reformbühne waren die Reaktionen euphorisch,
sowohl für uns als auch für unsere Zuschauer war es sehr wohltuend, eine
Art Normalität beibehalten zu können. Auch war der Stream der einzige Ort,
um unsere vielen Toilettenpapierwitze unterzubringen. Anfangs bekamen wir
viele Spenden als Ersatz für die fehlenden Einnahmen durch Eintritt. Doch
wie alle wurden auch unsere Zuschauer Stream-müde und wir sind sehr froh,
wieder live vor echten Menschen auftreten zu können.
Große Erfolge hatte ich im Lockdown mit Tanzpartys per Zoom als Dis-Tanz.
Die Hoffnung überwiegt, dass wir nicht mehr streamen müssen und wir haben
sogar die Überzeugung, uns inzwischen ökonomisch zu schaden, da Zuschauer
den Gratis-Stream gegenüber den 4,- Eintritt bevorzugen.
Welchen Ort in Berlin vermissen Sie gerade am meisten?
Den Schokoladen in der Ackerstraße.
Womit vertreiben Sie sich aktuell am liebsten die Zeit? Welche Routinen
haben Sie seit dem Virus-Ausbruch entwickelt?
Ich spiele sehr viel auf meiner Zigarrenkistengitarre und skype mit
Freunden in Argentinien, Spanien und Griechenland, um mein Spanisch und
Griechisch zu verbessern. Ich konnte trotz Virus weiterhin exzessiv Fußball
spielen, da ich die Variante des Quarantäne-Balls entwickelt habe: Nur
gegen einen anderen Spieler mit zwei Meter Quarantäne-Streifen Abstand.
Auch Fußball-Tennis spiele ich und kann sein, dass ich das nach Corona
beibehalten werde.
Wie sieht Ihre persönliche berufliche Situation derzeit aus?
Der Tourismus, durch den ich seit einigen Jahren gut gelebt habe, hat mir
in diesem Jahr bisher keinen Cent eingebracht, und ich glaube nicht an eine
Normalisierung in den nächsten Monaten. Ich hoffe nun darauf, als
Deutschlehrer Geld verdienen zu können. Derzeit habe ich keine Einnahmen,
der Corona-Zuschuss von 5.000 EUR ist aufgebraucht, weshalb ich ALG II
beantragt habe. Immerhin kann ich in der Reformbühne meine Geschichten
vorlesen, Lieder zur Zigarrenkiste singen und in Berliner Zeitungen
publizieren.
Ist die Pandemie nur Krise oder auch Chance?
Die Pandemie hat viele Chancen eröffnet, leider nicht so viele ökonomische.
Wie es unser Reformbühnen-Technik-Gott Frank Sorge geschafft hat, innerhalb
von wenigen Tagen zu einem Streaming-Experten zu werden, ist beeindruckend
und bei der befreundeten Lesebühne LSD war es ähnlich. Meine Freundin ist
Leiterin von drei Berliner Chören. Sie hat während des Lockdowns ihre Chöre
per Zoom geleitet und damit alle widerlegt, die behaupten, das ginge nicht.
17 Jul 2020
## LINKS
[1] https://reformbuehne.de/
[2] https://www.baiz.info/
## AUTOREN
Ole Schulz
## TAGS
Berliner KünstlerInnen
taz Plan
Nena
taz Plan
taz Plan
taz Plan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Konzert trotz Corona: Wir tun mal so, als wäre das echt
Nena tritt zum Autokonzert in Brandenburg an: „Hallo ihr Lieben in euren
Autos, ist das krass, ist das krass.“ Love-Ballons steigen auch, logo.
Berliner Stimmen aus der Quarantäne (9): „Ich will tanzen“
Die Schriftstellerin Sarah Schmidt hat mit dem Stricken angefangen und
freut sich darauf, wenn die Berliner Clubs irgendwann wieder aufmachen.
Berliner Stimmen aus der Quarantäne (8): Bäume umarmen
Der Musiker und Wanderprediger Pastor Leumund hat sich in den Wald
zurückgezogen, weil ihn die realdadaistischen Zustände sprachlos machen.
Berliner Stimmen aus der Quarantäne (7): Wenn das Techno-Patriarchat gewinnt
Livestreams interessieren im Moment eh niemanden, so der Berliner
Konzertveranstalter Ran Huber. Doch wer weiss, wie das in ein paar Jahren
aussieht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.