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# taz.de -- Kriegsgedenken in Kroatien: Stürmische Kritik
> Zagreb erinnert am 4. August an die Militäraktion „Sturmwind“ vor 25
> Jahren. Das Rahmenprogramm der Staatsführung gefällt nicht allen.
Bild: In der Stadt Knin erinnert man am 4. August an die Militäraktion „Stur…
Split taz | Der Jahrestag der Operation Sturmwind (Oluja) ist für Kroatien
seit 25 Jahren ein besonderer Feiertag. Am 4. August 1995 begann eine
Militäraktion der kroatischen Armee, der es in nur 72 Stunden gelang,
[1][die serbischen Truppen], die seit 1991 fast ein Drittel des Landes
besetzt gehalten hatten, vernichtend zu schlagen und Kroatien zu
„befreien“.
Für die Kroaten ist diese Militäraktion ein historischer Sieg, mit dem die
schon im Jahr 1991 proklamierte Unabhängigkeit des Landes von Jugoslawien
faktisch vollzogen wurde. Dass dabei auch ein großer Teil der serbischen
Bevölkerung, schätzungsweise rund 200.000 Menschen, vor den kroatischen
Truppen fliehen mussten, steht auf einem anderen Blatt.
Die Feierlichkeiten in der ehemaligen Serbenhochburg Knin stehen dieses
Jahr unter einem besonderen Vorzeichen. Erstmals soll ein Repräsentant der
serbischen Minderheit teilnehmen. Und ein in Bosnien und Herzegowina wegen
Kriegsverbrechen verurteilter General der (paramilitärischen) kroatischen
Einheiten HVO soll vom kroatischen Präsidenten mit einem Orden dekoriert
werden.
Die HVO war die Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina während des
Bosnienkriegs (1992–1995). Sie operierte vor allem auf dem Gebiet der
selbst proklamierten, international nie anerkannten Kroatischen Republik
Herceg-Bosna.
## Proteste in Bosnien
Der kroatische Präsident Zoran Milanović, ein Sozialdemokrat, erklärte vor
den Feierlichkeiten, er werde Veteranen der kroatischen Polizei in Kroatien
und der kroatischen Brigaden des Kroatischen Verteidigungsrats HVO aus
Bosnien und Herzegowina auszeichnen, unter ihnen auch General Zlatan
Mijo-Jelić. Dieser ist 2015 nach Kroatien übergesiedelt.
Diese Absicht löste vor allem in Bosnien heftige Protest aus, war doch
Milo-Jelić Kommandant des Gefangenenlagers Heliodrom bei Mostar. Als die
bosnisch-kroatische Führung 1993 beschlossen hatte, die Allianz mit den
Bosniaken (Muslimen) aufzukündigen, wurden Tausende Bosniaken verhaftet,
die vorher in der HVO mit den Kroaten gegen die serbischen Einheiten
gekämpft hatten.
Mijo-Jelić wird beschuldigt, für Verbrechen, die an diesen Gefangenen
begangen wurden, verantwortlich zu sein. Das muslimische Mitglied im
bosnischen Staatspräsidium, Sefik Dzaferovic, und die bosnischen
Sozialdemokraten protestierten heftig gegen diese Entscheidung.
Kroatiens Staatsführung ist aber bemüht, der serbischen Minderheit im Land
entgegenzukommen. Erstmals wird zugegeben, dass es Verbrechen der
kroatischen Seite an den Serben gegeben hat. Nach der Militäraktion kam es
zu Übergriffen kroatischer Radikaler und Polizisten auf Serben, die nicht
hatten fliehen können. Serbische Häuser wurden ausgeraubt und angezündet.
Über 410 Menschen wurden getötet.
## Wenig Gegenliebe
„Unser Triumph während der Operation Oluja ist unbefleckt, rein und
heroisch“, erklärte der Präsident, „aber die Tötung von alten Dorfbewohn…
wie in Grubori war barbarisch.“ In Grubori ist eine Feier für diese
serbischen Opfer geplant, was kroatische Extremisten heftig kritisierten.
Auch die Entscheidung der Staatsführung, auf Parolen der [2][Ustascha] aus
dem Zweiten Weltkrieg wie „Za dom spremi – für die Heimat bereit“, zu
verzichten, stieß bei den Rechten auf wenig Gegenliebe.
Dessen ungeachtet hat sich der Serbenvertreter Boris Milosević bereit
erklärt, an den Feiern in Knin teilzunehmen. Immerhin ist Boris Milosević
Vize-Ministerpräsident und seine Unabhängige Demokratische Serbische Partei
Teil der neuen Regierung von Andrej Plenkovic.
4 Aug 2020
## LINKS
[1] /Weltkriegsgedenken-in-Bosnien/!5580536
[2] /Streit-um-Bleiburg-Gedenkmesse-in-Sarajevo/!5685768
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kroatien
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