# taz.de -- Evaluation der Corona-Regeln: Unsichere Datenbasis | |
> Eine Anfrage der Linkspartei macht klar: Drei Monate nach dem Lockdown | |
> weiß die Bundesregierung wenig zur Wirkung ihrer Corona-Verordnungen. | |
Bild: Abstandsmarkierungen in einer Ausstellung: Was daraus folgt, weiß die Bu… | |
BERLIN taz | Kontaktsperren, Schulschließungen, Arbeits-, Versammlungs- und | |
Reiseverbote: Mitte März griff die Bundesregierung im Kampf gegen die | |
[1][Coronapandemie] zu Maßnahmen, die die Grundrechte ihrer BürgerInnen in | |
nicht gekannter Weise einschränkten. Jetzt, drei Monate später, sind viele | |
der Auflagen zwar erheblich gelockert. Doch wie sie im Einzelnen gewirkt | |
haben, das weiß die Bundesregierung bis heute nicht. So jedenfalls schreibt | |
sie es in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken. | |
Deren Abgeordnete Ulla Jelpke wollte wissen, über welche Datenbasis die | |
Regierung inzwischen verfügt, um bewerten zu können, welche Maßnahmen wie | |
wirkungsvoll waren – und wie verhältnismäßig. „Politisch relevant“, so | |
Jelpke zur taz, seien diese Fragen auch heute noch, da nicht auszuschließen | |
sei, „dass im Zuge einer ‚zweiten Welle‘ die Eindämmungsmaßnahmen wieder | |
verschärft werden.“ | |
Doch Klarheit fehlt. Die Regierung antwortet schwammig auf die Frage, auf | |
Basis welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse sie die Maßnahmen beschloss: | |
„In einer Situation, in der weder ein Impfstoff noch eine | |
Arzneimitteltherapie vorhanden sind, ergab eine Gesamtbetrachtung, dass | |
mehrere gleichzeitige, nicht pharmakologische Maßnahmen zum Schutz der | |
Bevölkerung zu ergreifen sind.“ | |
Eine Evaluierung dieser Maßnahmen hat bis heute indes offenbar nicht | |
stattgefunden. Hierzu heißt es lediglich: „Die Bundesregierung hat sich | |
intensiv mit Expertinnen und Experten beraten und in ihre | |
Entscheidungsfindung einschlägige Studien und internationale Erfahrungen | |
einbezogen.“ Passen muss die Regierung auch auf Fragen nach der Wirkung von | |
Geschäftsschließungen sowie des Betriebsverbots von Gast- und Sportstätten, | |
Gottesdiensten und Reisebussen. | |
## Vage Antworten | |
Auf die Frage etwa, weshalb Reisebusse ab Mitte März nicht mehr fahren | |
durften, Züge und Flugzeuge aber schon, teilt die Regierung nur mit: | |
„Hintergrund der vereinbarten Leitlinien vom 16. März 2020 war, dass | |
[2][Fahrten ohne dringenden Reisegrund] nicht mehr stattfinden sollten. So | |
sollten nach Sinn und Zweck Reisebusfahrten, da sie häufig primär | |
touristischen Zwecken dienen, unterbleiben.“ | |
Auch eine Auseinandersetzung mit der Verhältnismäßigkeit der Einschränkung | |
der Versammlungsfreiheit und möglichen milderen Mitteln ist in der Antwort | |
nicht erkennbar. Lapidar heißt es hierzu: „Dieser Abwägung lag zugrunde, | |
dass der Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger für die | |
Bundesregierung eine besonders hohe Bedeutung hat.“ | |
Jelpke reicht dies nicht zur Begründung. Sie erwarte von der Regierung, | |
„umgehend Forschungen zu veranlassen, um herauszufinden, welchen konkreten | |
Beitrag die einzelnen Maßnahmen des Lockdowns jeweils zur Eindämmung der | |
Pandemie geleistet haben“. Grundrechtseinschränkungen dürfe es nur geben, | |
sofern sie verhältnismäßig seien. „Da reicht es auf Dauer nicht, auf Nummer | |
sicher zu gehen. Sonst geht der Gesundheitsschutz unnötig zu Lasten der | |
Demokratie.“ | |
18 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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